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15
Februar
2011

lob des schattens

dieser entwurf einer japanischen ästhetik von tanizaki jun´ichiro ist eins meiner lieblingsbücher, das ich euch vorstellen möchte. hier einige textauszüge. ein plädoyer für die schönheit des gebrauchten.

tatsächlich gründet die schönheit eines japanischen raumes rein in der abstufung der schatten. sonst ist überhaupt nichts vorhanden. abendländer wundern sich, wenn sie japanische räume anschauen, über ihre einfachheit und haben den eindruck, es gebe da nur wände ohne die geringste ausschmückung. das ist von ihrem standpunkt her gesehen durchaus plausibel; aber es zeigt, dass sie das rätsel des schattens nicht begriffen haben. wir hingegen bringen auf der außenseite der zimmer, in die die sonnenstrahlen ohnehin schon mit mühe eindringen, zusätzlich noch schutzdächer oder veranden an, um das licht noch mehr fernzuhalten und um zu bewirken, daß sich nur der diffuse widerschein vom garten her durch die s h o j i hindurch ins innere stehlen kann. so besteht das ästhetische element unserer räume in nichts anderem als eben in dieser mittelbaren, abgestumpften lichtwirkung. und damit dieses kraftlose, kümmerliche, unbestimmmte licht sich stillvertraulich über die zimmerwände legt, versehen wir diese wände absichtlich mit einem sandbelag in zurückhaltenden, dezenten farben. orte wie speicher, küchen, korridore werden in einem glanzvollen farbton gehalten; doch die wände der wohnräume sind fast duchwegs sandwände und werden höchst selten zum glänzen gebracht. denn wenn man ihnen glanz verleiht, löst sich die weiche, zarte stimmung des spärlichen lichtscheins in nichts auf. wir erfreuen uns an einer zarten helligkeit, die entsteht, wenn ein bereits diffuses außenlicht allenthalben die dämmerfarbigen wandflächen überzieht und nur mit mühe einen rest von leben bewahrt.

man kann nicht sagen, daß wir ganz allgemein glänzende dinge ablehnen; doch einem seichten, hellen glanz ziehen wir ein vertieftes, umwölktes schimmern vor. sei es ein natürlicher stein oder ein künstlich geschaffenes gerät, es geht uns um einen von trübungen gedämpften glanz, der auf den schweiß und schmutz der hände zurückzuführen ist. in china gibt es das wort"handglanz", in japan das wort "nare" ( abgegriffensein ); beide meinen den glanz, der entsteht, wenn eine stelle von menschenhänden während langer zeit angefaßt, glattgescheuert wird und die ausdünstungen allmählich ins material eindringen. es handelt sich also, anders gesagt, zweifelsohne um den schweiß und schmutz der hände. so betrachtet, darf man dem ausspruch "guter geschmack ist eine kalte sache" auch noch beifügen "und eine unsaubere dazu". jedenfalls läßt sich nicht leugnen, daß in dem, was wir als "raffinement" schätzen, ein element von unreinlichkeit und mangelnder hygiene steckt. während die abendländer den schmutz radikal aufzudecken und zu entfernen trachten, konservieren ihn die ostasiaten sorgfältig und ästhetisieren ihn, so wie er ist - könnte man, wenn man wollte, beschönigend sagen; aber wie auch immer, es ist unser schicksal, daß wir nun einmal dinge mit spuren von menschenhänden, lampenruß, wind und regen lieben oder auch daran erinnernde farbtönungen und lichtwirkungen. und wenn wir in solchen gebäuden, mitten unter solchen gerätschaften wohnen, dann besänftigt sich unser herz und beruhigen sich unsere nerven in seltsamer weise.



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