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Privat in die Hölle
Öffentliches Eigentum war ihr verhaßt, Gewerkschaften ließ sie zerschlagen. Britanniens Expremierministerin Margaret Thatcher ist tot und polarisiert weiter
Von Christian Bunke, Manchester
Um 00.05 Uhr Dienstag früh holte ein privater Krankenwagen den Leichnam der am Montag nachmittag verstorbenen ehemaligen Premierministerin Margaret Thatcher aus dem Ritz Hotel in London ab. Hier hatte die nach eingeborener Sitte »geadelte« Exregierungschefin ihren Lebensabend verbracht. Der private Abtransport war ein passendes Ende für eine Frau, der jedes öffentliche Eigentum verhaßt war. Das Gesundheitssystem hatte sie nur deshalb nicht privatisiert, weil sie die Wut der Arbeiterklasse fürchtete. Heute setzen ihre Nachfolger diese Programmatik um.
Seit Thatchers Tod wehen alle Fahnen in London auf Halbmast. Nicht jedoch in Schottland. Hier ist die Bevölkerungsmehrheit zu deutlich gegen die Ex eingestellt. Auch sonst rief das Ableben der Gewerkschaftskillerin nicht nur Trauer hervor. Am Abend ihres Todes gab es Straßenfeste in London, Bristol und Glasgow. In Salford, greater Manchester, verschossen jubelnde Menschen in den Sozialwohnungsgebieten Feuerwerkskörper. Pubs in den ehemaligen Bergarbeitergebieten reichten aus gegebenem Anlaß kostenlose Buffets. Getränke gingen vielerorts auf Kosten des Hauses.
Über den »Haß der Linken« echauffierte sich am Dienstag die Rechtsaußenzeitung Daily Mail. Jenes Blatt, in dem nur wenige Tage zuvor lobendes über den Nazislogan »Arbeit macht frei« zu lesen war. Zwangsarbeit für »faule« Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger sei gerechtfertigt, war da zu lesen. Dieselbe Zeitung, die täglich kübelweise Gülle über die Schwächsten der britischen Gesellschaft auskippt, fordert nun Respekt für jene Person ein, die wie keine andere den Klassenkampf von oben personifiziert.
»Thatcher ist tot, aber das System das sie geschaffen hat, lebt weiter. Ich kann mich erst freuen, wenn das gesamte neoliberale System genau wie sie unter der Erde ist«, schrieb mir ein Freund wenige Stunden nach dem Ableben der Politikerin per SMS. Tatsächlich starb Thatcher genau an dem Tag, an dem neue drakonische Maßnahmen gegen sozial Benachteiligte in Kraft traten. Unter anderem wurde das Wohngeld für 600000 Menschen mit besonderen Bedürfnissen ersatzlos gestrichen.
Im nordostenglischen Durham feierten Veteranen des Bergarbeiterstreiks von 1984/85 den Tod der einst von der Konzernpresse zur »eisernen Lady« gekürten Konservativen. »Heute ist ein großer Tag für alle Bergleute, die damals gestreikt haben«, sagte Dave Hopper, Sekretär der Durham Miners Association, diversen Tageszeitungen.
Man wird sich an Thatcher als kompromißlose und rücksichtslose Politikerin erinnern. Während des Bergarbeiterstreiks war die Mehrheit ihres Kabinetts mehr als einmal bereit aufzugeben und einen Vergleich mit den Bergleuten zu suchen. Thatcher verhinderte dies. Sie suchte die völlige Vernichtung der Bergarbeitergewerkschaft, um damit das größte Hindernis für die neoliberale Umwandlung Großbritanniens aus dem Weg zu räumen.
Dieses Ziel hat sie erreicht. Vor allem auch deshalb, weil viele Gewerkschaftsführer nicht zu derselben Rücksichtslosigkeit gegen den politischen Gegner bereit waren. Das sollte die heutige Generation von Unionists im Gedächtnis behalten, wenn sie Ende April über einen möglichen Generalstreik gegen die Kürzungspolitik der gegenwärtigen Regierung diskutieren werden.
Für Thatcher wurde mehrfach ein Staatsbegräbnis gefordert, nicht zuletzt von führenden Politikern der in den späten 1980er Jahren auf den neoliberalen Kurs gebrachten Labour Partei.
Ein solches wird sie nicht bekommen. Aber eine Beerdigung mit militärischen Ehren am Mittwoch oder Donnerstag in der kommenden Woche. Ihr Sarg soll auf einem Kanonenwagen durch London gefahren werden. Die Öffentlichkeit ist zur Teilnahme aufgefordert. Die Opfer der Kahlschlagpolitik von damals und heute werden diese Aufforderung zu nutzen wissen.
Ding Dong. Anti-Thatcher-Top-20
Von Reinhard Jellen
1. Judy Garland: »Ding Dong The Witch Is Dead«
2. Pop Group: »We Are All Prostitutes«
3. The Clash: »London Calling«
4. The Beat: »Stand Down Margret«
5. Not Sensibles: »I’m In Love With Margret Thatcher«
6. The Specials: »Ghost Town«
7. The Jam: »Town Called Malice«
8. Robert Wyatt: »Shipbuilding«
9. The Imposter: »Pills And Soap«
10. Style Council: »Come To Milton Keynes«
11. Housemartins: »Get up Off Our Knees«
12. Blow Monkeys: »She Was Only A Grocer’s Daughter«
13. Elvis Costello: »I´ll Tramp The Dirt Down«
14. Elton John: »Merry Christmas Maggie Thatcher«
15. Morrissey: »Margaret On The Guillotine«
16. Linton Kwesi Johnson: »It Dread Inna Inglan«
17. Crass: »How Does It Feel To Be A Mother Of 1000 Dead«
18. Pulp: »The Last Day Of The Miners Strike«
19. Hefner: »The Day Thatcher Dies«
20. Primal Scream: »Thatcher’s Children«
'Ding Dong! The Witch Is Dead': auf Platz eins der britischen Charts
Die Facebook-Kampagne war erfolgreich: Der Song "Ding Dong! The Witch Is Dead" aus dem Film "Der Zauberer von Oz", steht auf Platz eins der britischen iTunes-Charts. Mit dem Titel will man auf den Tod der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher anspielen.
http://www.rollingstone.de/news/meldunge...hen-charts.html
ich finde es unmöglich diese menge geld für diese brutale frau -die soviel ungerechtigkeit verursacht hat- zu verschwenden.
Nicht auf Thatcher-Art
Anstatt dem billigsten Anbieter den Vertrag für die Beerdigung anzubieten, erhielt die britische Expremierministerin ein verkapptes Staatsbegräbnis
Von Christian Bunke
Mittwoch wurde Margaret Thatcher in London zu Grabe getragen. Es war ein militärisches Zeremoniell, veranstaltet, um den Machtanspruch neoliberaler Politik zu untermauern. Wieviel das Spektakel kostete, ist unbekannt. Die Rede ist von zehn Millionen Pfund. Offiziell war es jedoch kein Staatsbegräbnis.
In seiner Predigt sagte Richard Chartres, der Bischof von London: »Es gibt einen Ort, die politischen Kontroversen über das Vermächtnis von Lady Thatcher auszutragen. Das Parlament hatte eine lange Debatte darüber in der vergangenen Woche. Aber eine Beerdigung ist kein Ort für politische Debatten.«
Dennoch hätte die Gestaltung dieser Trauerfeier kaum politischer sein können. Sie war von langer Hand noch unter Mitwirkung der früheren britischen Premierministerin selbst geplant worden. Die Soldaten, die den Sarg trugen, kamen aus Truppenteilen, die 1982 im Falkland-Krieg gekämpft hatten. Die Idee einer Straßenprozession mit dem Sarg auf einer Lafette, begleitet von Mitgliedern diverser Militäreinheiten durch die City of London, stammte von der Labour-Regierung unter Gordon Brown. Dieser nahm an der Beerdigung nicht teil, wohl aber sein Vorgänger Anthony Blair.
Die aktuelle britische Koalitionsregierung hatte mit der Regie für die Veranstaltung nichts zu tun, versuchte aber, politisches Kapital daraus zu schlagen. Vergeblich. Die Konservativen bekommen in Erhebungen derzeit von 32 Prozent der Befragten Zustimmung. Über 60 Prozent der Bevölkerung lehnen die staatlich finanzierte Beerdigung ab. Der linke Filmemacher Ken Loach gab die Stimmungslage vieler Menschen wieder, als er sagte: »Thatchers Beerdigung sollte privatisiert und der Kontrakt an den billigsten Anbieter ausgesourcet werden. Sie hätte das gewollt.«
Erstmals seit der Beerdigung Winston Churchills nahm die britische Königin an einem Politikerbegräbnis teil. Sie betrat die St.-Pauls-Kathedrale hinter Roger Gifford, dem Lord Mayor of London. Gifford präsentierte das »Schwert der Trauer«. Auch dies ist politisch zu verstehen. Gifford ist der Vertreter des nahezu exterritorialen Londoner Bankenviertels, einer der größten Steueroasen der Welt. Thatcher war eine lebenslange Dienerin des britischen Finanzkapitals. Die City sagte danke und erwies die letzte Ehre.
Der durch die Beerdigung gestellte Machtanspruch wurde in den vergangenen Tagen auch autoritär nach außen getragen. Die Londoner Polizei drohte allen, die während der Prozession des Sarges durch die Innenstadt »auf beleidigende Weise auftreten« würden, mit Verhaftung. Für den Vorabend der Zeremonie wurden sogar »präventive« Verhaftungen von bekannten Aktivisten angekündigt. Dies wurde aber nicht in die Tat umgesetzt. Doch die Botschaft war deutlich: Wer sich dem erzwungenen thatcheristischen Konsens widersetzt, muß mit Repressalien rechnen.
Dennoch gab es Proteste. Bereits am Samstag feierten Tausende den Tod Thatchers auf dem Trafalgar Square in London und demonstrierten gegen das staatlich geförderte Begräbnis. Während der Prozession drehten rund 100 Menschen dem Sarg Thatchers demonstrativ den Rücken zu.
Symbolisch taten das auch die USA. Während elf Premierminister und 17 Außenminister den Trauerfeierlichkeiten beiwohnten, war nach Angaben von Spiegel online aus Washington weder ein im Amt befindlicher Minister noch ein Expräsident angereist. Und Argentinien, Großbritanniens Gegner im Falkland-Konflikt, hat sogar seine Botschafterin absagen lassen. Die Präsidentin Cristina Fernández de Kirchner war gar nicht erst eingeladen worden.
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