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#1

Die E Zigarette ist im Kommen!!!

in Glück 14.03.2013 18:51
von Lisadill • 744 Beiträge


»Die E-Zigarette ist im Kommen«
Von der elektronischen Zigarette profitieren Raucher und Nichtraucher. Schädlich ist sie nur für das Geschäft von Tabaklobby und Pharmaindustrie. Ein Gespräch mit Gregor Gysi
Interview: Peter Steiniger

Geht der Nobelpreis mal wieder nach China? Für eine Erfindung, die Millionen eine Alternative zum Rauchen bietet, Rentenzeiten verlängert und die Lebensqualität steigert. Wo Nikotinpflaster, Akupunktur und Hypnose regelmäßig versagen, kommt die Innovation aus dem Reich der Mitte zum Zug. Die E-Zigarette macht den Umstieg vergleichsweise leicht, Raucher können an Gewohnheiten festhalten. Sogar das Ausschleichen aus der Sucht kann gelingen. Wichtigster Trumpf: Die E-Fluppe besitzt Suchtpotential. Die akkubetriebenen Geräte verdampfen eine aromatisierte, meist nikotinhaltige Flüssigkeit. Das stimulierende Nervengift schlägt nach acht Sekunden im Gehirn ein. Nervenkrebs droht nicht, die Gesundheitsrisiken reichen nicht entfernt an die von Teerzigaretten heran. Kein Passivrauch, keine Kippen, kein Aschenbechermund, das Haus brennt nicht ab.

Die E-Zigarette trifft aber auf den Widerstand von Politikern, Lobbyisten und Abstinenzpredigern. Anders als Genußmittel wie Kaffee oder Bier soll die E-Zigarette eine absolute Unbedenklichkeit nachweisen oder im Giftschrank der Apotheken landen. In einigen Ländern, wie Brasilien, Kanada und den Niederlanden, ist sie bereits illegal. Die EU-Kommission plant eine neue Tabakdirektive, die ein faktisches Verbot darstellt. Der Finanzminister stinkt ab: »E-Liquids« spielen keine Tabaksteuer ein. (pst)

Die Bundesregierung möchte E-Zigaretten als Arzneimittel einstufen und aus dem freien Handel verbannen. »Dampfen« soll nur nach den Vorgaben des Nichtraucherschutzgesetzes gestattet sein. Sie setzen sich für die E-Zigarette ein und vertreten vor Gericht einen Hersteller. Was motiviert Sie dabei?
Es ist unbestreitbar, daß es in der E-Zigarette eine Vielzahl von Giften nicht gibt, die in Zigaretten enthalten sind. Vieles spricht dafür, daß die Tabakindustrie mit allen Mitteln gegen die E-Zigarette kämpft. Und zwar deshalb, weil es um Konkurrenz geht. Die Bundesregierung nimmt an diesem Kampf teil, weil sie zur Tabakindustrie hält. Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat sich festgelegt und sie als Medizinprodukt deklariert. Dagegen wurde mit meiner Hilfe erfolgreich in Köln geklagt. Die Bundesregierung hat Berufung eingelegt. So oder so wird schließlich das Bundesverwaltungsgericht entscheiden müssen. Und später mal der Europäische Gerichtshof.

Spiegel online warf Ihnen vor, Gesundheitsbehörden Maulkörbe zu verpassen.
Die Bundesregierung läßt sich gerade von mir den Mund verbieten! Sie meint, es ist ein Medizinprodukt, meine Mandanten und ich meinen, es ist keins. Dazu ist die Rechtsstaatlichkeit da, daß man das dann vor Gericht klärt. Die Regierung muß sich fragen lassen, warum sie es Rauchenden so schwer machen möchte, auf die E-Zigarette umzusteigen. Die Verneblungssubstanzen in der E-Zigarette, Propylenglykol und Glycerin, können vielleicht Asthmatiker reizen oder bei dem einen oder anderen Hustenreiz auslösen. Aber das ist es dann auch schon. Außer dem Nikotin selbst. Aber dieses war ja nie das eigentliche Problem an der Tabakzigarette.

Das Deutsche Krebsforschungsinstitut beklagt eine »sehr lückenhafte« wissenschaftliche Erforschung der E-Zigarette und empfiehlt ein »Verbot als Nachahmerprodukt von Tabakwaren«. Ebenfalls eine Schädlichkeit nicht beweisen kann die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, warnt aber. Muß die E-Zigarette erst so giftig werden wie Tabak, um nicht mehr behindert zu werden?
Diese Frage kann man sich stellen. Die Bundesregierung betreibt auf der einen Seite das Geschäft der Tabakindustrie, denn die dürfen ihre Produkte ja überall verkaufen. Auf der anderen betreibt sie auch das eigene, weil sie auf Tabakwaren Tabaksteuern erhebt.

Die E-Zigarette ist etwas völlig anderes als ein Tabakprodukt und etwas völlig anderes als ein Arzneimittel. Diese ganze Beschränkung des Handels, die Pläne der EU-Kommission – das ist alles absurd.

Man könnte E-Liquid mit Nikotin theoretisch zu einem Tabakprodukt erklären. Dann müßte man zwar Tabaksteuer darauf entrichten, aber es wäre wieder frei zugänglich. Nur könnte man darauf nicht die Vorschriften für Warnhinweise anwenden. Denn die E-Zigarette ist ungefährlich, für Rauchende wie Nichtrauchende. Sie ist in jeder Hinsicht ein Gewinn.

Der Vergleich mit Tabak wird von ihren Gegnern gemieden. Ist das gesundheitspolitisch nicht unverantwortlich?
Das ist abenteuerlich. Ein schädlicheres Produkt lasse ich zu und das weniger schädliche soll ich verbieten? Das ist, als ob man Knallbonbons verbietet, aber nicht das echte Feuerwerk.

Warum steigt die Tabakindustrie nicht selbst in diesen lukrativen Markt ein?
Tja, zu spät gekommen. Jetzt ist es so, als ob die Petroleumunternehmen die Erfindung der Glühbirne aufkaufen wollten, um diese zu verhindern. Und irgendwann setzt die sich ja doch durch. Viel klüger wäre es, man stiege um. So profitabel war der E-Zigaretten-Markt bisher nicht. Das fängt erst richtig an. Der Handel hat jetzt weniger Furcht, doch etwas Verbotenes mit strafrechtlichen Folgen zu tun.

Was macht die Pharmabranche zum Dampfgegner?
Die Gefahr für die Pharmaindustrie besteht darin, daß sich der Bedarf an ihren Entwöhungsmitteln reduziert. Dennoch ist die E-Zigarette kein Entwöhnungsmittel, das ist Blödsinn. Die meisten Dampfer wollen ja weiter Nikotin zu sich nehmen.

Auf Dauer reduziert sich, zynisch gesagt, auch der Bedarf an Krebsmedikamenten.
Ich hoffe mal, daß die nicht so weit denken.

Politiker sprechen sonst ungern über Drogen. Ein bißchen Haschisch wird schnell zum Skandal aufgebauscht ...
Mein Verhältnis zum Rauschgift ist stiefmütterlicher Natur, weil es das in der DDR ja nicht gab. Es reduziert sich auf zwei Erlebnisse. Eines, als ich mal bei St. Pauli im Fanblock war. Das war hervorragend, denn der Klub gewann mit 2:0. Nicht, daß ich ein Tor gesehen hätte, aber gehört habe ich sie. Danach war mir von den Haschischschwaden um mich herum grottenschlecht. Und dann gab es noch ein aktives Erlebnis, 1990, zum Ende der DDR. Bei einer Veranstaltung in einer westdeutschen Großstadt wurde ich zu Rauschgift befragt und mußte passen. Ich versprach, mich zu belesen. Als ich rausging, gab mir ein Mädchen einen Zettel, auf dem stand: Nicht belesen, probieren! Und eine Haschischzigarette. Die habe ich dann mit Stolz nach Hause transportiert. Über die Grenze. Mit der Angst, erwischt zu werden und in der Bild-Zeitung zu stehen. Wir haben das dann zu fünft! geraucht. Die Wirkung war gleich null.

Umso erfahrener sind Sie mit einer legalen Droge. Wie verlief Ihre Raucherkarriere?
Ich habe als Jugendlicher angefangen. Ganz typisch: Man wollte männlicher und erwachsener wirken. Ich war ein süchtiger Raucher. Meine Marke war erst Cabinet, dann Marlboro. Ich wußte natürlich, daß ich die falschen Leute reich machte… Zum Schluß war ich bei bis zu fünfzig Zigaretten täglich. Furchtbar. Tja, dann bekam ich einen Herzinfarkt und mußte mir das abgewöhnen. In den ersten Tagen dachte ich, ich bin amputiert. Inzwischen bin ich vollständig Nichtraucher und froh darüber, aber tolerant. Jungen Leuten sage ich: Klar könnt ihr rauchen, aber mich hat es J-a-h-r-z-e-h-n-t-e beschäftigt, und ich kam davon nicht weg.

Läßt sich die E-Zigarette aufhalten oder haben Dampfer den längeren Atem?
Die E-Zigarette ist im Kommen. Sie verdrängt zwar nicht das Tabakprodukt. Aber die Zahl der Menschen, die sie benutzen, wird weiter zunehmen.
Gregor Gysi ist Fraktionsvorsitzender der Linksfraktion im Deutschen Bundestag

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