Erstaunen und Befremden
Das Internationale Literaturfestival Berlin (ilb) beteiligt sich am Mittwoch an Solidaritätslesungen für »Pussy Riot«. Dazu erklärt der Berliner Freidenkerverband:
Mit großem Erstaunen und Befremden haben die Berliner Freidenker zur Kenntnis genommen, daß das ilb mehrere Veranstaltungen im Zusammenhang mit den Solidaritätskampagnen für die weibliche Moskauer Punkgruppe »Pussy Riot« (Muschi-Krawall) organisiert. Zu den Teilnehmern am 12. Dezember gehören laut Ankündigung des ilb in Berlin die Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck (Bündnis 90/Die Grünen), die Künstlerin Joulia Strauss, sowie die Schauspielerinnen Franziska Herrmann, Tatiana Nekrasov und Nina West. Die Literaturnobelpreisträgerin Elfriede Jelinek habe speziell für die Veranstaltung ein Punkgedicht eingesprochen. Darüber hinaus soll die als »world-wide-reading« deklarierte Aktion, die, allerdings nicht ganz so »weltweit« wie verkündet, an weiteren Orten in sechs Ländern stattfinden (…).
Was war geschehen? Am 21. Februar 2012 hatte die russische Punk-Gruppe Pussy Riot in der Moskauer Christ-Erlöser-Kathedrale in Gegenwart betender Gläubiger maskiert den Altarraum gestürmt, um krawallartig den Patriarchen der russisch-orthodoxen Kirche, Kyrill I., als »Hund« oder »Hure« zu verfluchen und die Muttergottes Maria anzurufen, damit sie Putin aus dem Kreml vertreibe. Daraufhin wurden einige der Protagonistinnen dieser »Kunstaktion« von Sicherheitskräften festgenommen, andere entflohen unerkannt. Der ganze Vorgang wurde mit Kameras aufgezeichnet und ins Internet gestellt. Befragt nach den Motiven für den öffentlichkeitswirksamen Auftritt, lautete die Antwort schlicht: »Haß auf Putin.«
Verhaftung, Prozeß und Verurteilung der Protestgruppe wurden von den westlichen Medien mit großer Aufmerksamkeit bedacht. (…)
Interessanterweise sind die Länder, für die sich das ilb interessiert, just jene Länder, für die sich das Pentagon interessiert: Afghanistan, Irak, Iran usw. Die »diktatorischen Züge« des Systems Berlusconi in Italien standen jedenfalls nie auf dem Veranstaltungsplan des ilb, geschweige denn die »diktatorischen Züge« des Systems Brüssel und das daraus folgende Elend der Völker etwa von Griechenland, Portugal und Spanien…
(…) Indessen die USA an drei Kriegsschauplätzen auf anderen Kontinenten zugange sind, sie mit Guantanamo eines der skandalösesten außerjuristischen Foltergefängnisse der Welt unterhalten und mit der neuesten Teufelswaffe unserer Epoche, den unbemannten Drohnen, bereits an die 4000 Menschenleben auslöschten, solidarisiert sich in braver Gefolgschaft zu deren Hegemonialpresse die Mittelklasse der westlichen weißen Welt mit der absurden und verächtlichen Aktion einer Girl-Punk-Group. Was denn sagt ein ilb zur Inhaftierung von Demonstranten gegen den US-amerikanischen Einsatz von Drohnen bei der Air Force? Es sagt: Nichts. (…)
Während die Verurteilten, bei vermindertem Strafmaß, es gab auch eine Begnadigung, ihre Haft absitzen, laufen PR und Marketing der Gruppe weltweit auf vollen Touren. Autorisiert oder nicht, werden Artikel, Bücher, CDs, DVDs auf den Markt geworfen, auch in Deutschland. Der Nautilus-Verlag ist sich nicht zu schade, eine entsprechend unangestrengt zusammengeschusterte Montage zu publizieren. Selbst Madonna verkauft T-Shirts, 19.95 Dollar pro Stück, deren Erlös Pussy Riot überwiesen werden soll. (...)
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