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Meinungsvielfalt -die Frankfurter Rundschau ,eine wichtige Tageszeitung
in News 14.11.2012 22:59von Lisadill • 744 Beiträge
Schock für die Branche
Die Frankfurter Rundschau war eine linksliberale Institution der Bonner Republik – sie wurde betriebswirtschaftlich erwürgt
Von Peter Wolter
Die traditionsreiche Frankfurter Rundschau ist am Ende, sie wurde erwürgt: Die Geschäftsführung der »Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main« hat am Dienstag beim Frankfurter Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beantragt. Hauptgesellschafter sind der Kölner Verlag »M. DuMont Schauberg« (51 Prozent) und die SPD-Medienholding »Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft« (40 Prozent). Offen ist noch, ob die insolvente Zeitung von einem anderen Verlag übernommen wird oder ganz schließen muß. Denkbar wäre auch die Bildung einer Genossenschaft wie bei der taz und der jungen Welt – eine Variante, die der Betriebsrat gestern ins Gespräch brachte.
Die FR hatte am 1. August 1945 als zweite deutsche Tageszeitung eine Lizenz erhalten – einer ihrer Mitbegründer und erster Chefredakteur war der Kommunist und ehemalige Buchenwald-Häftling Emil Carlebach, dem schon 1948 vom Chef der US-Besatzungsmacht, General Lucius D. Clay, die Lizenz entzogen wurde. Außerdem wurde er als Chefredakteur abgesetzt und durch den SPD-Mann Karl Gerold ersetzt.
Jahrzehntelang galt die Zeitung mit dem linksliberalen Image als Aushängeschild des kritischen Journalismus – dem aber wurde von Betriebswirtschaftlern mehr oder weniger die Luft abgedreht.
Je mehr die Geschäftsführung an den Ausgaben für die Redaktion sparte, desto oberflächlicher und stromlinienförmiger wurde die Berichterstattung – dementsprechend ging die verkaufte Auflage zurück. Und je weniger Zeitungen verkauft werden, desto geringer die Anzeigenerlöse – eine Binsenweisheit, die manche Betriebswirtschaftler nie begreifen werden.
Mit der Verflachung ihrer Inhalte hat sich die FR letztlich selbst ein Bein gestellt – den oft oberflächlichen Berichten der Mainstream-Medien und dem Internet hatte sie nur noch wenig entgegenzusetzen. Bis weit in die 90er Jahre hinein hatte sich die FR durch eine exzellente Auslandsberichterstattung ausgezeichnet, sie brachte viele exklusive Stories aus Krisengebieten und Entwicklungsländern. Sie war unentbehrlich für alle, die sich für Bildungspolitik interessierten; kaum eine andere überregionale Tageszeitung berichtete so engagiert und sachkundig über Gewerkschaftspolitik, Frauenbewegung, Soziales und Ökologie.
Dann wurde betriebswirtschaftlich optimiert: von 1650 Mitarbeitern im Jahre 2000 blieben nach der Übernahme durch die SPD-Medienholding im Jahre 2004 noch 1110 übrig. Zwei Jahre später stieg »M. DuMont Schauberg« ein, und die Zahl der Mitarbeiter sank weiter auf 730. Der Kölner Verlag, dem auch der Kölner Stadtanzeiger, die Berliner Zeitung und die Mitteldeutsche Zeitung gehört, versuchte sich in »Synergien«: Der überregionale Teil der FR wurde im vergangenen Jahr aufgegeben, die Berichte wurden seitdem in einer gemeinsamen Redaktion mit der Berliner Zeitung produziert. Das Format schrumpfte auf Tabloid-Größe; auch die Ressorts Wirtschaft, Sport und Feuilleton wurden ausgedünnt und teilweise nach Berlin verlagert. Selbst den Chefredakteur mußte sich die FR ein Jahr lang sparen: Uwe Vorkötter von der Berliner Zeitung übernahm den Job. Heute gibt es – von Ausnahmen abgesehen – in Frankfurt nur noch die Lokalredaktion. Das Resultat dieser Kahlschlagpolitik: Die Auflage sank zwischen 2002 und heute von 183000 auf 118000, die Verluste summierten sich auf Millionenbeträge.
Nicht nur die verbliebenen 487 FR-Mitarbeiter, auch die Beschäftigten der Redaktionsgemeinschaft sehen jetzt schwarz für ihre Zukunft. »Wenn die FR eingestellt werden sollte, würde die gemeinsame Mantelproduktion keinen Sinn mehr machen«, erklärte der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Marcel Bathis gestern. »Das hätte massive Auswirkungen auf die bisherige Redaktionsgemeinschaft.«
RE: Meinungsvielfalt -die Frankfurter Rundschau ,eine wichtige Tageszeitung
in News 22.11.2012 10:18von Lisadill • 744 Beiträge
Zeitungsdämmerung?
Frankfurter Rundschau und Financial Times Deutschland stehen vor dem Aus
Von Gert Hautsch
Die Nachrichten kamen nicht überraschend, aber ein Schock sind sie trotzdem: Mit der Frankfurter Rundschau (FR) und der Financial Times Deutschland (FTD) stehen zwei renommierte überregionale Tageszeitungen vor dem Aus.
Weithin wird »die Zeitungskrise« als Grund dafür genannt, daß die FR pleite ist und die FTD eingestellt wird. Aber: Der Springer-Konzern hat in den ersten neun Monaten 2012 mit seinen deutschen Zeitungen 197 Millionen Euro Gewinn und eine Umsatzrendite von 23,6 Prozent erzielt. So schlecht kann es um den Zeitungsmarkt also nicht bestellt sein. Wie konnten dann eine Traditionszeitung und ein Wirtschaftsblatt zehn Jahre lang nur Verluste einfahren? Dafür gibt es allgemeine Ursachen, aber auch sehr spezielle Gründe.
Der Zeitungsmarkt in Frankfurt am Main ist vergleichsweise klein. Die Stadt hat 700000 Einwohner, die Region Frankfurt/Offenbach und Umgebung etwa eine Million. Hier kämpfen fünf Zeitungen mit Lokal-/Regionalteil um die Leser: neben der FR die Frankfurter Neue Presse, die Frankfurter Allgemeine, die Bild und die Offenbach-Post. Die FR war einst der Platzhirsch. Sie beherrschte die lokale Berichterstattung ebenso wie den Anzeigenmarkt und verdiente damit viel Geld. Frankfurt war viele Jahre lang SPD-regiert und beheimatete wichtige Gewerkschaftszentralen (IG Metall, Deutsche Postgewerkschaft); deren Zeitung war die FR. Auch bundesweit galt das Blatt für sozialdemokratisch und links Orientierte weithin als Pflichtlektüre. Das waren die Zeiten, als die Auflage bei 400000 lag.
Aber das änderte sich. SPD und Gewerkschaften rückten nach rechts, die CDU stellte den Frankfurter Oberbürgermeister (1977) und den Bundeskanzler (1982), und mit der Antiatom/Ökologiebewegung (in Frankfurt speziell mit dem Protest gegen die Startbahn West) entstanden neue politische Milieus. Der »Markenkern« der FR – sozialdemokratisch und linksliberal – war immer weniger gefragt.
Die FTD wurde Anfang 2000 auf dem Höhepunkt des Börsenhypes gestartet – von den Verlagen Gruner+Jahr (Bertelsmann) und Pearson; seit 2008 ist G+J Alleineigentümer. Sie stand von Beginn an in direkter Konkurrenz zum Handelsblatt aus dem Hause Holtzbrinck, das bis dahin die einzige Tageszeitung für Wirtschaft und Finanzen war. An dessen Auflagen kam die FTD nie heran (zuletzt 137000 zu 103000). Auch hier gilt, daß der Markt nach dem Platzen der Blase im Herbst 2000 und noch mehr seit der Finanzkrise 2008 deutlich enger wurde. Wirtschaftsthemen sind nicht mehr so »hip« wie früher.
Solche Prozesse verlaufen allerdings zäh und sind nicht so schnell spürbar. Als sie es bei der FR wurden, war schon die gesamte Zeitungsbranche unter Druck geraten. Seit 1991 sinkt die Gesamtauflage (bis 2011 von 27,3 auf 18,4 Millionen). Vor allem bei jüngeren Leuten schrumpft die Bereitschaft deutlich, eine Zeitung zu lesen oder gar zu kaufen.
Bis 1999/2000 wurde das überdeckt durch explodierende Werbeerlöse. Es war die Zeit von Internet-Hype und Dotcom-Blase; für Börsengänge (z.B. Deutsche Telekom) wurden gigantische Werbekampagnen gefahren. Die FR schwamm im Geld und leistete sich ein Mittagsblatt namens City. Das mußte sie 2001 nach einem Jahr wieder einstellen, denn inzwischen rutschten die Anzeigenerlöse in den Keller. Von 2000 bis 2003 sanken die Netto-Werbeeinnahmen der Tageszeitungen von 6,6 auf 4,4 Milliarden Euro.
Damals kamen auch andere Zeitungsverlage (SZ, FAZ) ins Trudeln. Sie sind aber längst wieder saniert – zum größten Teil auf Kosten der Belegschaften. Dafür, daß die FR in einen Sog nach unten geriet, dürften die genannten politischen Gründe verantwortlich sein – bzw. der Umstand, daß die Blattmacher keine Antwort darauf fanden. Die 2003 erstmals drohende Insolvenz wurde durch eine Bürgschaft des Landes Hessen vermieden; 2004 kaufte die DDVG, die Medienholding der SPD, 90 Prozent des FR-Verlags, 2006 gingen 50 Prozent an M. DuMont Schauberg. Von den einst 1 650 Beschäftigten waren da nur noch 750 übriggeblieben (heute rund 500).
Die Gründung der FTD im Februar 2000 stand unter einem Unstern, weil schon ein halbes Jahr danach die Blase platzte und der erhoffte Sog nach oben ausblieb. Die Auflage stieg zwar bis 2006 auf 117000, aber das Blatt blieb immer defizitär. Es folgten hektische Sanierungsversuche (Personalabbau, Redaktionsgemeinschaften, Führungswechsel – bei der FR die Verkleinerung des Formats). Sie konnten die Erosion bei den Anzeigenerlösen und den Abonnements aber nicht aufhalten. Die »Zeitungskrise« bildet bei beiden Blättern den Rahmen für das Drama, die eigentlichen Ursachen sind aber jeweils speziell.
Bis Ende Januar 2013 zahlt die Arbeitsagentur für die FR-Beschäftigten Insolvenzgeld. Wie es danach mit der Zeitung weiter geht, ob sich ein neuer Investor findet, ist offen (angeblich gibt es »namhafte« Interessenten). Auch die Folgen für die Berliner Zeitung, mit der die FR eine Redaktionsgemeinschaft unterhält, sind nicht absehbar. Fest steht, daß Stellen abgebaut werden – die Geschäftsleitung hat nach Angaben der Gewerkschaft ver.di den Beschäftigen Abfindungsangebote unterbreitet. Ein Sprecher des Verlags DuMont-Schauberg bestätigte am Mittwoch, daß Personal eingespart werden soll.
RE: Meinungsvielfalt -die Frankfurter Rundschau ,eine wichtige Tageszeitung
in News 09.12.2012 10:12von Lisadill • 744 Beiträge
noch eine Betrachtung zur Meinungsvielfalt ....
Ein Versuch, der scheitern wird
Ökonomische Situation
Von Dietmar Koschmieder
Heute erscheint die junge Welt zum letzten Mal«, behauptete der damalige Chefredakteur Oliver Tolmein auf der Titelseite dieser Zeitung vom 6. April 1995. Die junge Welt wurde vom damaligen Eigentümer für tot erklärt. Beide haben sich geirrt: Bereits am 13. April lag die erste Sonderausgabe gedruckt auf dem Tisch. Seit dem 18. April 1995 belieferte der neugegründete Verlag 8. Mai GmbH die Leserinnen und Leser wieder regulär werktäglich und mit 16 Seiten. Damals war aber noch völlig unklar, wie lange das gutgehen konnte: Mit so wenig Leuten, fast ohne Verlag und ohne Investitionsmittel täglich eine Zeitung zu machen, die sich auch langfristig auf dem harten Markt behauptet – das haben nur wenige für möglich gehalten.
Heute, mehr als 17 Jahre später, gibt es diese Zeitung noch. Die Bank, die uns damals Kredite verweigerte, ist verschwunden, unser Verlag hat ihre Räume übernommen. Die Fußböden aus brasilianischem Gneis irritieren schon mal antikommunistische Bürgerinnen wie Vera Lengsfeld. Aber das Geld, das nötig war und ist, eine Tageszeitung herauszugeben, stammt nicht aus Verlags-, Parteien- oder Konzernvermögen noch aus sonstigen trüben Quellen. Es kommt von unseren Abonnentinnen und Abonnenten und den Mitgliedern der Genossenschaft. Darunter ist kein großer Mäzen. Das zwingt uns, mit wenig klarzukommen: für die Verlagsarbeit, aber auch bei der Bezahlung der Mitarbeitenden. Wir haben es unter diesen Bedingungen geschafft, die verkaufte Auflage in den letzten Jahren positiv zu entwickeln. Aber sie ist noch viel zu niedrig, um in Ruhe einfach nur Zeitung machen zu können.
Damit eine Zeitung überleben kann, braucht es mehr als nur ausreichend Geld. Die Zeitung muß notwendig sein. Eine Zeitung, die sich für Frieden einsetzt und die diversen Spielarten der Kriegstreiberei entlarvt, ist notwendig. Auch weil die meisten anderen Zeitungen den Umbau der Bundeswehr von einer Verteidigungsarmee in eine Angriffsarmee wohlwollend begleiten – bis hin zum Redaktionsbesuch der Uniformierten. Eine Zeitung, die konsequent aus Sicht und Interesse der Werktätigen mit und ohne Arbeit im In- und Ausland berichtet und analysiert, wird gebraucht. Denn solche, die Lohnverfall und Arbeitslosigkeit als Belege für Erfolg und Standortverbesserung verkaufen, gibt es genug. Wie auch Zeitungen, die Vorfindliches als gottgegeben, zumindest aber als unveränderbar darstellen und all jene, die sich für Veränderung einsetzen, als Verbrecher abstempeln. Für sie ist Fidel Castro der Diktator aus Havanna, Wladimir I. Lenin der Massenschlächter aus Moskau und Rosa Luxemburg die Terroristin aus Berlin.
Nachdem wir 1995 die Herausgabe der jungen Welt wenigstens vorläufig gesichert und im Herbst des gleichen Jahres unsere Genossenschaft gegründet hatten, gingen wir daran, die erste Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz vorzubereiten. Sie findet seit 1996 immer am Vortag der großen Liebknecht-Luxemburg-Ehrung statt. Kundgebung und Demonstration sind die größte regelmäßige antikapitalistische Manifestation im deutschsprachigen Raum. Zigtausende ehren bis heute an jedem zweiten Sonntag im Januar die Mitbegründer der Kommunistischen Partei Deutschlands und erinnern an deren Ermordung durch deutsche Militärs im Zusammenwirken mit der damaligen sozialdemokratischen Führung. Jahrelang haben sich Medien und politische Gruppen von ganz rechts bis ganz links lustig gemacht über diese linke Tradition. Mit dem Ende der DDR glaubten sie auch diese Form des Gedenkens und des Antikapitalismus für abgeschafft. Schon die ersten Jahre danach zeigten, daß sie sich irrten. Daraufhin lästerten sie, daß diese Ewiggestrigen schon bald alle weggestorben seien. Zum ungebrochenen stillen Gedenken gesellte sich aber eine große Demonstration unterschiedlicher politischer Gruppen, und viele hielten das für eine Zumutung in der neuen Reichshauptstadt. Mit unserer Konferenz wollen wir dazu beitragen, daß wenigstens an einem Wochenende in Berlin für die Notwendigkeit von klassenkämpferischen und revolutionären Positionen Tausende demonstrieren. Der aktuelle Versuch, diese linke Einheit zu spalten, kann nicht überraschen. Aber er ist Ausdruck unserer wachsenden Stärke: Das, was nicht abgeschafft werden kann, was aber auch nicht mehr zu vereinnahmen ist, soll nun gespalten und so geschwächt werden. Ein Versuch, der scheitern wird. Und zur Klarheit beiträgt.
Heute liegt der Ausgabe der jungen Welt das Programm für die XVIII. Internationale Rosa-Luxemburg-Konferenz bei. Bitte notieren Sie einen weiteren Programmpunkt: Am Samstag, den 12. Januar 2013, werden wir kurz vor der Podiumsdiskussion, die voraussichtlich um 18 Uhr beginnt, über den Stand unserer Kampagne »Dein Abo fehlt« berichten. Mit jedem Abo wächst nicht nur die ökonomische Sicherheit für Zeitung und Konferenz, sondern wird auch die antikapitalistische Linke im Land gestärkt.
RE: Meinungsvielfalt -die Frankfurter Rundschau ,eine wichtige Tageszeitung
in News 02.01.2013 21:49von Lisadill • 744 Beiträge
Rabenschwarzes Jahr
Die aktuelle Zeitungskrise wirft wieder einmal die Frage nach der Pressefreiheit auf. Bsirske und Gysi schlagen vor: Öffentlich-rechtliche Finanzierung
Von Peter Wolter
Das Jahr 2012 war ein Desaster für die deutsche Medienlandschaft: Die Financial Times Deutschland und die Nürnberger Abendzeitung wurden eingestellt, Frankfurter Rundschau und die Nachrichtenagentur dapd taumelten zum Abgrund. Enlassungen gab es unter anderem bei Spiegel-TV, bei der Zeitschrift Prinz, beim Freitag, bei der Essener WAZ-Gruppe, sie drohen auch beim Berliner Verlag und anderen Unternehmen. Hunderte Journalistinnen und Journalisten wurden auf die Straße gesetzt, nur wenige von ihnen haben die Aussicht, wieder eine Festanstellung in ihrem Beruf zu bekommen.
Für die aktuelle Medienkrise gibt es mehrere Ursachen: Mißmanagement, Rückgang der Anzeigenerlöse, Veränderung des Leseverhaltens in Zeiten des Internets. Hinzu kommt, daß die Ausdünnung der Redaktionen zur inhaltlichen Verflachung führt – ein Teufelskreis: die Zeitung wird dadurch weniger interessant, die Auflage geht weiter zurück, es wird noch mehr am Personal gespart.
Immer häufiger hört man Warnungen, daß die ohnhin schon fragile Pressefreiheit bedroht sei – Klaus-Dieter Lehmann etwa, Präsident des Goethe-Instituts, fürchtet die Einschränkung der Meinungsvielfalt, falls weitere Zeitungen pleitegehen. »Qualitätsjournalismus kann man nicht umsonst bekommen, der kostet etwas«, sagte er. Deswegen sei es auch eine Schieflage, »daß wir auf der einen Seite kostenfreie digitale Angebote haben und auf der anderen Seite einen kostenpflichtigen Printjournalismus«. Es müßten Geschäftsmodelle für die digitale Seite entwickelt werden.
Kein Wunder, daß plötzlich auch wieder Alternativen in der Medienpolitik zur Debatte stehen. Die Gewerkschaft ver.di und die Linkspartei etwa halten eine Ausweitung der öffentlich-rechtlichen Finanzierung für nötig, um die kriselnde Zeitungsbranche zu unterstützen. Ver.di-Chef Frank Bsirske erklärte: »Es lohnt sich, über die Frage einer öffentlich-rechtlichen Finanzierung vertieft nachzudenken und das Gespräch mit der Politik dazu zu suchen, wie wir Medienvielfalt und Qualitätsjournalismus sichern können.« Immer mehr Verlagshäuser betrachteten ihre journalistischen Produkte nur als einen Portfoliobestandteil unter vielen. Im Zuge rein betriebswirtschaftlicher Betrachtungsweisen gerate aber aus dem Blick, daß die Medien einen wesentlichen Beitrag zum Erhalt der Demokratie leisteten. Deswegen sei es richtig, die Frage zu stellen, »ob es alternative Finanzierungsmodelle zum Erhalt von Presse- und Meinungsvielfalt geben kann«. Bsirske nahm auch die Verleger in die Pflicht: Sie kämen nicht darum herum, in journalistische Qualität zu investieren.
Linke-Fraktionschef Gregor Gysi sprach sich gar für die Einrichtung einer öffentlich-rechtlichen Agentur aus. Diese sollte ähnlich wie die Sparkassen organisiert sein, »da kommt auch kein Landesfinanzminister ran«, sagte Gysi in einem dapd-Interview. Denn die Privatisierung der Medien habe die Folge, daß es Eigentümer mit Interessen gebe: »Sie wollen erstens verdienen, zweitens eine politische Richtung vorgeben, in die sie Einfluß entwickeln wollen.«
Die Regierung ist erwartungsgemäß gegen eine solche Lösung, die den Einfluß reicher Verleger beschränken würde. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) erklärte: »Solche Subventionen wären der Anfang vom Ende der Pressefreiheit. Denn staatliche Gelder sind immer verbunden mit staatlichem Einfluß«. Wenn Steuergeld ausgegeben werde, müsse auch Rechenschaft darüber abgelegt werden, was damit gemacht werde. »Und das bedeutet letztlich eine Kontrolle.« Es werde also dabei bleiben, daß sich die Verlage am Markt bewähren müßten. Der Staat könne allerdings für gute Rahmenbedingungen für den Printbereich sorgen. Auch gegen die vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger geforderte Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Printerzeugnisse sprach sich Neumann aus. Er sei froh, daß es gelungen sei, den ermäßigten Steuersatz von sieben Prozent beizubehalten, sagte er.
RE: Meinungsvielfalt -die Frankfurter Rundschau ,eine wichtige Tageszeitung
in News 21.01.2013 21:35von Lisadill • 744 Beiträge
21.01.2013
Ulla Jelpke auf Demo für Westfälische Rundschau
Mehr als 1000 Menschen protestierten am Samstag in Dortmund gegen die Schließung der Redaktion der Westfälischen Rundschau. Junge Welt dokumentiert auszugsweise die Rede der Linke-Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke:
Ich weiß, was es heißt, um seine Redaktion, um die eigene Zeitung zu kämpfen. Von 2002 bis 2005 war ich Mitglied der Redaktion der jungen Welt und schreibe dort noch heute. Sicherlich haben die junge Welt und die Westfälische Rundschau nicht sehr viel gemeinsam, aber eines ganz sicher: Ihre Redaktionen und ihre Leserinnen hängen an ihrem Blatt und wissen um seine Qualität. Euch gehört meine volle Solidarität für euren Kampf, die Westfälische Rundschau und ihre Redaktion zu retten – als Linke und als Mitglied der schreibenden Zunft!
Zeitungen gehörten zur Demokratie. Nicht ohne Grund stieg die Zahl der Zeitungen mit der Revolution von 1848 rapide. Mit dem Erfolg des Liberalismus und der wachsenden Arbeiterbewegung wurde die Presse politisch. Zeitungen und ihre Vielfalt waren ein Symbol für das Streben nach Selbstbestimmung und Teilhabe. Sie sind es bis heute. Frank Schirrmacher gab kürzlich auf die Frage, wie eine demokratische Gesellschaft ohne Zeitungen als Übersetzerin des politischen und Trägerin von Debatten möglich sei, eine »ganz einfache und ebenso gelassene Vorhersage: gar nicht« – ich meine, daß er Recht hat.
Frank Schirrmacher tritt damit in große Fußstapfen. Karl Marx war einer der ersten deutschen Journalisten, der für die Pressefreiheit eintrat. Regelmäßig mußte er – häufig gemeinsam mit seinem Redaktionskollegen Engels – dafür vor Gericht treten.
So auch während der Märzrevolution. Der Vorwurf lautete: Beamtenbeleidigung. Engels verteidigte die beiden Schreiber: »Kurz und gut: Sie, meine Herren Geschworenen, haben in diesem Augenblick über die Pressefreiheit in der Rheinprovinz zu entscheiden. Wenn es der Presse verboten sein soll, das, was sich unter ihren Augen ereignet, zu berichten, wenn sie bei jeder verfänglichen Tatsache erst warten soll, bis ein gerichtliches Urteil vorliegt, wenn sie bei jedem Beamten, vom Minister bis zum Gendarm, erst fragen soll, ob durch die angeführte Tatsache seine Ehre oder Delikatesse sich beleidigt fühlen könnte, ohne Rücksicht darauf, ob die Tatsachen wahr sind oder nicht; wenn die Presse in die Alternative gesetzt wird, entweder die Ereignisse zu verfälschen oder ganz zu schweigen – dann, meine Herren, hört die Pressefreiheit auf, und wenn Sie das wollen, so sprechen Sie Ihr ›Schuldig‹ über uns aus!«
In der Westfälischen Rundschau war bisher nichts darüber zu lesen, daß sie demnächst eine Zeitung ohne Redaktion sein wird. Ich weiß aber, daß es den Versuch gab, darüber zu berichten. Und da frage ich: Was ist das? Ist das Pressefreiheit?
Nein, Kolleginnen und Kollgen, so sieht keine freie Presse aus! Ihr steht hier nicht nur für eure Arbeitsplätze, sondern auch für den Erhalt der Pressefreiheit! (…)
Als die junge Welt 1995 eingestellt wurde, führte ein Teil der Redaktion sie einfach weiter. Nun ja: Einfach war es nicht wirklich. Aber es gelang! (…)
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