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#1

Wie peinlich!!!

in Scham & Ehre 20.07.2012 13:56
von Lisadill • 744 Beiträge

Embryonenoffensive« in Memmingen
Abtreibungsgegner inszenieren »Gedenkfeier« für »getötete Kinder« und verteilen Modelle von Föten
Von Anna Bock
Embryonenoffensive – was klingt wie der Angriff von Außerirdischen, ist die Aktionsform einer besonders unangenehmen Gruppierung unter den Abtreibungsgegnern: Durchblick e.V., Mitglied im Bundesverband Lebensrecht (BVL). Am vergangenen Samstag hat diese Gruppe im bayrischen Memmingen eine Attacke gegen das Selbstbestimmungsrecht und die Würde von Frauen geritten und gegen den guten Geschmack verstoßen. Im Rahmen einer Kundgebung stellten die katholischen Aktivisten mehr als 1000 Paar Kinderschuhe auf dem Marktplatz der Stadt auf – so viele Schwangerschaftsabbrüche wurden laut Statistischem Bundesamt 2011 durchschnittlich pro Monat in Bayern durchgeführt. Die Assoziation zu den Tausenden Schuhen von den Nazis ermordeter Kinder, die bei Kriegsende in Vernichtungslagern wie Auschwitz und Majdanek vorgefunden wurden, dürfte gewollt sein. Nicht umsonst haben Abtreibungsgegner Schwangerschaftsabbrüche immer wieder als »Babycaust« – in Analogie zum Holocaust – bezeichnet.

Die Memminger Inszenierung erinnerte denn auch an eine Gedenkfeier für tote Kinder. Passanten bekamen ungefragt Embryonenmodelle aus Plastik in die Hand gedrückt. Die Puppen mit in den Mund gestecktem Daumen suggerieren, es handele sich bei Föten in der zwölften Schwangerschaftswoche um voll entwickelte Babys. Diese Modelle werden auch gern bei Kundgebungen vor Kliniken, in denen Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen werden, an Frauen verteilt, um ihnen ein schlechtes Gewissen zu machen. Die Abtreibungsgegner sorgen sich jedoch nicht nur um das »Lebensrecht ungeborener Kin­der«, sondern angeblich auch um das Wohlergehen der Frauen, die »oft le­benslang unter einer Abtreibung leiden«, wie Thomas Schührer, der Vorsitzende von Durchblick, erklärte. Auf der Kundgebung untermauerten denn auch Redebeiträge von Frauen, die ihren Schwangerschaftsabbruch öffentlich bedauern, die These des Vereins, Abtreibungen seien traumatische Erlebnisse, die Frauen »seelisch töten« würden. Die Abtreibungsgegner stellen sich bei solchen Aktionen als Aufklärer und Tabubrecher dar – und setzen alles daran, Frauen, die eine Schwangerschaft beenden wollen, weiszumachen, sie würden ein »Kind« töten, um dann, wenn ihre Agitation greift und Frauen nach dem Eingriff unter schlechtem Gewissen leiden, zu erklären, daß dieser Traumata hervorrufe – ein logischer Zirkelschluß, der sich seinen eigenen Beweis schafft.

Die Wahl des Marktplatzes von Memmingen als Kundgebungsort ist dabei besonders perfide: In der Stadt fand Ende der 80er Jahre der Prozeß gegen den Frauenarzt Horst Theissen wegen illegaler Schwangerschaftsabbrüche statt. Ein Prozeß, den der Spiegel in seiner damaligen Berichterstattung als »Kreuzzug« gegen den Gynäkologen und die als Zeuginnen gerufenen Frauen bezeichnete. Der Paragraph 218 des Strafgesetzbuches in seiner damals geltenden Version wurde in Bayern besonders restriktiv ausgelegt: Abbrüche durften nur bei einen mehrtägigen stationären Krankenhausaufenthalt durchgeführt werden. Theissen hatte den Frauen die Möglichkeit geboten, den Eingriff ambulant in seiner Praxis durchzuführen. Das Gericht machte es sich zur Aufgabe, jeder der als Zeugin vorgeladenen 156 Frauen nachzuweisen, daß in ihrem Fall gar keine Notlage bestanden habe, und sie das Kind ruhig hätte zur Welt bringen können. Zwar sind die Vernehmungen, Gerichtsprozesse und erzwungenen Zeugenaussagen schon mehr als 20 Jahre her, aber wenn etwas retraumatisierend ist, dann eine solche Veranstaltung an diesem Ort.

Der deutsche Dachverband der Abtreibungsgegner ruft für den 22. September in Berlin erneut zu einem »Marsch für das Leben« auf. Dieser inszenierte »Schweigemarsch«, bei dem große weiße Holzkreuze getragen werden, wird auch dieses Jahr wieder auf bunten, feministischen Widerstand treffen.

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