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#1

Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 05.04.2012 00:13
von Lisadill • 744 Beiträge

Günter Grass hat recht
Von Rüdiger Göbel

»Ich schweige nicht mehr, weil ich der Heuchelei des Westens überdrüssig bin.« Günter Grass in »Was gesagt werden muß«

Was gesagt werden muß« – 383 Worte kurz ist die Stellungnahme des Schriftstellers und Literaturnobelpreisträgers Günter Grass, in der er Israel wegen dessen Haltung im Atomkonflikt mit Iran und die deutschen Waffenexporte in die Krisenregion kritisiert. Sein Text erschien am Mittwoch in der Süddeutschen Zeitung, der New York Times, El Pais und La Repubblica. Das Prosagedicht, inhaltlich deckungsgleich mit Dutzenden Aufrufen der Friedensbewegung zu den bevorstehenden Ostermärschen, schlug ein wie eine Bombe. Binnen Stunden brach sich ein anschwellender Bocksgesang Bahn, der in massive Antisemitismusvorwürfe gipfelte.

Was hat Günter Grass Schlimmes geschrieben: Er warnt – in ausdrücklicher Verbundenheit mit dem Land Israel – vor einem israelischen Erstschlag, »der das von einem Maulhelden unterjochte und zum organisierten Jubel gelenkte iranische Volk auslöschen könnte«. Er warnt Deutschland davor, mit der Lieferung eines weiteren U-Bootes nach Israel, »dessen Spezialität darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe dorthin lenken zu können, wo die Existenz einer einzigen Atombombe unbewiesen ist«, »Zulieferer eines Verbrechens« zu werden. Er warnt, »die Atommacht Israel gefährdet den ohnehin brüchigen Weltfrieden«. Und schließlich fordert Grass »eine ungehinderte und permanente Kontrolle des israelischen atomaren Potentials und der iranischen Atomanlagen durch eine internationale Instanz«.

Linke-Politiker Wolfgang Gehrcke sagte am Mittwoch, was gesagt werden muß: Günter Grass hat recht. Der Schriftsteller habe »den Mut auszusprechen, was weithin verschwiegen wurde«. Günter Grass beschäme »die deutsche Politik«. Diese sei, so Gehrcke, »weithin damit beschäftigt, die diplomatischen Folgen eines israelischen Angriffs auf den Iran zu kalkulieren, statt alles zu tun, um diesen Krieg zu verhindern und damit allen, den Israelis und Palästinensern, mehr noch, allen Menschen, die in dieser vom Wahn okkupierten Region dicht bei dicht verfeindet leben, und letztlich auch uns zu helfen«. Ebenfalls Unterstützung erhielt Grass vom Präsidenten des deutschen PEN-Zentrums, Johano Strasser. Der warnte vor Waffenexporten an eine israelische Regierung, die den Anschein erwecke, ein Krieg gegen den Iran sei unausweichlich.

Ansonsten gab es für Grass Prügel. Der Publizist Henryk M. Broder beschimpfte den Schriftsteller im Springer-Blatt Die Welt als »Prototyp des gebildeten Antisemiten«. Von einem »unverantwortlichen« und »aggressiven Pamphlet der Agitation« sprach Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Der offizielle Vertreter Israels in der BRD, Emmanuel Nahshon, schrieb auf der Homepage der Botschaft, es gehöre zur europäischen Tradition, »die Juden vor dem Pessach-Fest des Ritualmords anzuklagen. Früher waren es christliche Kinder, deren Blut die Juden angeblich zur Herstellung der Mazzen verwendeten, heute ist es das iranische Volk, das der jüdische Staat angeblich auslöschen will.« Spiegel online schlagzeilte dazu Fatwa-gleich: »Israel verdammt Grass-Gedicht« und mokierte sich über den »lyrischen Erstschlag«. Die FR sorgte sich um den »Blechtrommler«. CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe äußerte, er sei »über die Tonlage, über die Ausrichtung dieses Gedichtes entsetzt«. SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles meinte, angesichts der Lage im Nahen Osten empfinde sie das Gedicht als »irritierend und unangemessen«.

Noch nicht eingeschaltet hatten sich bis jW-Redaktionsschluß am Mittwoch abend Bundespräsident Joachim Gauck und der UN-Sicherheitsrat.

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#2

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 05.04.2012 17:52
von Lisadill • 744 Beiträge

Heuchelei des Westens
Der Schriftsteller Günter Grass hat in der Süddeutschen Zeitung vom Mittwoch unter dem Titel »Was gesagt werden muß« geschrieben:


Warum schweige ich, verschweige zu lange, / was offensichtlich ist und in Planspielen / geübt wurde, an deren Ende als Überlebende / wir allenfalls Fußnoten sind. // Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag, / der das von einem Maulhelden unterjochte / und zum organisierten Jubel gelenkte / iranische Volk auslöschen könnte, / weil in dessen Machtbereich der Bau / einer Atombombe vermutet wird. // Doch warum untersage ich mir, / jenes andere Land beim Namen zu nennen, / in dem seit Jahren – wenn auch geheimgehalten – / ein wachsend nukleares Potential verfügbar / aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung / zugänglich ist? // Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes, / dem sich mein Schweigen untergeordnet hat, / empfinde ich als belastende Lüge / und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt, / sobald er mißachtet wird; / das Verdikt »Antisemitismus« ist geläufig. // Jetzt aber, weil aus meinem Land, / das von ureigenen Verbrechen, / die ohne Vergleich sind, / Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird, / wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch / mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert, / ein weiteres U-Boot nach Israel / geliefert werden soll, dessen Spezialität / darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe / dorthin lenken zu können, wo die Existenz / einer einzigen Atombombe unbewiesen ist, / doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will, / sage ich, was gesagt werden muß. // Warum aber schwieg ich bislang? / Weil ich meinte, meine Herkunft, / die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist, / verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit / dem Land Israel, dem ich verbunden bin / und bleiben will, zuzumuten. // Warum sage ich jetzt erst, / gealtert und mit letzter Tinte: / Die Atommacht Israel gefährdet / den ohnehin brüchigen Weltfrieden? / Weil gesagt werden muß, / was schon morgen zu spät sein könnte; / auch weil wir – als Deutsche belastet genug – / Zulieferer eines Verbrechens werden könnten, / das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld / durch keine der üblichen Ausreden / zu tilgen wäre. // Und zugegeben: ich schweige nicht mehr, / weil ich der Heuchelei des Westens / überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen, / es mögen sich viele vom Schweigen befreien, / den Verursacher der erkennbaren Gefahr / zum Verzicht auf Gewalt auffordern und / gleichfalls darauf bestehen, / daß eine unbehinderte und permanente Kontrolle / des israelischen atomaren Potentials / und der iranischen Atomanlagen / durch eine internationale Instanz / von den Regierungen beider Länder zugelassen wird. // Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern, / mehr noch, allen Menschen, die in dieser / vom Wahn okkupierten Region / dicht bei dicht verfeindet leben / und letztlich auch uns zu helfen.

Der Publizist Henryk M. Broder konterte dazu in der Springer-Zeitung Die Welt am Mittwoch unter der Schlagzeile »Nicht ganz dicht, aber ein Dichter«:


(…) Grass hat schon immer zu Größenwahn geneigt, nun aber ist er vollkommen durchgeknallt. (…) Grass hatte schon immer ein Problem mit Juden, aber so deutlich wie in diesem »Gedicht« hat er es noch nie artikuliert. (…) Grass ist der Prototyp des gebildeten Antisemiten, der es mit den Juden gut meint. Von Schuld- und Schamgefühlen verfolgt und zugleich von dem Wunsch getrieben, Geschichte zu verrechnen, tritt er nun an, den »Verursacher der erkennbaren Gefahr« zu entwaffnen. (…)

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#3

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 06.04.2012 20:43
von Lisadill • 744 Beiträge

Trommeln werden gerührt
Von Arnold Schölzel

1959 wurde Grass in der BRD wegen seines Romans »Die Blechtrommel« (Filmfoto) über Faschismus und Weltkrieg wegen Pornographie angepöbelt
Der Schriftsteller Günter Grass wehrte sich in mehreren Fernsehinterviews am Donnerstag gegen die neueste deutsche Propaganda für Krieg. Deren Anlaß war sein am Mittwoch veröffentlichtes Gedicht »Was man sagen muß«, in dem er – in ausdrücklicher Verbundenheit mit Israel – vor einem Erstschlag gegen den Iran warnte. Grass kritisierte außerdem die kürzlich vereinbarte Lieferung eines sechsten deutschen U-Boote an Israel und wies auf die Gefährdung des Weltfriedens hin. Im »tagesthemen«-Interview kritisierte er außerdem die Besatzungspolitik Israels. Einen Widerruf seiner Thesen lehnte er ab.

Zahlreiche Kommentatoren widmeten sich den von ihnen bei Grass vermuteten Motiven, nutzten aber vor allem die Gelegenheit, um den Iran als angeblichen Kriegstreiber anzuprangern. Eine monströse Diffamierungsleistung lieferte am Freitag die Kandidatin der Linken zur Bundespräsidentenwahl Beate Klarsfeld ab. Sie zitierte in einer Mitteilung aus einer Hitler-Rede im Jahr 1939 die Formulierung »das internationale Finanzjudentum« und fuhr fort: Wenn man diesen Ausdruck durch »Israel« ersetze, »dann werden wir von dem Blechtrommelspieler die gleiche antisemitische Musik hören.« Ähnlich schrieb der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, für Handelsblatt online: »Günter Grass hat zwar die Waffen-SS verlassen. Aber offenbar hat die Judenfeindschaft der Waffen-SS Günter Grass doch niemals verlassen.« Vertreter der Regierungsparteien hielten sich mit Äußerungen zurück, der Grünen-Parlamentarier Volker Beck nannte Grass »uneinsichtig«, der SPD-Außenpolitiker Rolf Mützenich warf ihm »Einseitigkeit« vor. Den Medienlenkern reicht das offensichtlich nicht. So schrieb der Vorstandsvorsitzende des Medienhauses Axel Springer, Mathias Döpfner, in Bild unter dem Titel »Der braune Kern der Zwiebel«, es gehe jetzt nicht mehr darum, was Grass gesagt habe, sondern nur noch, wie die Deutschen darauf reagierten. Döpfner hatte Ende 2010 den Krieg des Westens gegen das »Weltkalifat« propagiert.

Aufschlußreich für die derzeitige Medienausrichtung erscheint die am Freitag vom Bundestagsabgeordneten Diether Dehm (Die Linke) verbreitete Information, daß eine von ihm in Auftrag gegebene Anzeige mit dem Text »Kein Krieg gegen den Iran!« vom Madsack-Konzern abgelehnt wurde. Selbst das Angebot, nur den Satz Willy Brandts »Krieg ist die ultima irratio« zu zitieren, akzeptierte das vor allem in Niedersachsen tätige Presseunternehmen nicht. Der Linke-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Gregor Gysi, wandte sich mit einem Brief an die Madsack-Führung und fragte darin: »Ist es wirklich in Ihrem Verlag so weit gekommen, daß Warnungen vor Krieg und Werben für den Frieden gegen Ihre verlegerischen bzw. unternehmerischen Absichten verstoßen?«

Vor diesem Hintergrund starteten am Donnerstag in Erfurt die diesjährigen Ostermärsche. Der Sprecher der Infostelle Ostermarsch 2012, Willi van Ooyen, äußerte aus Anlaß der Auseinandersetzungen um Grass am Freitag erneut »Sorge über die politische Entwicklung im Nahen und Mittleren Osten.« Er erklärte: »Wir wollen, daß die Menschen in Israel – aber auch in Palästina, im Irak und in Syrien – in Frieden leben können. Krieg und Militarisierung lösen keine Probleme, weder in dieser Region noch sonstwo auf der Welt. Kriegsdrohungen und Kriegsvorbereitungen vergiften die politische Atmosphäre.« Der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Peter Strutynski, stimmte in einer Pressemitteilung der »politische(n) Aussage« des Grass-Gedichtes »ausdrücklich« zu.

* Siehe auch Interview mit Wolfgang Gehrcke und ansichten

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#4

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 06.04.2012 20:46
von Lisadill • 744 Beiträge

Kriegshelden
Grass wußte, worauf er sich einließ
Von Werner Pirker

Die israelische Regierung hat ihre Absicht, das iranische Atomforschungsprogramm mit militärischer Gewalt zu beenden, nicht erst einmal offen kundgetan. Doch fehlt dafür die Zustimmung aus Washington, auf dessen zumindest politische Unterstützung Israel angewiesen ist. Die von Günter Grass in seinem Gedicht getroffene Feststellung, daß Israel den Iran mit Krieg bedroht, kann und will die Netanjahu-Regierung deshalb auch nicht widerlegen. Und obwohl Israels Führung in aller Öffentlichkeit den Krieg als einzige Möglichkeit zur Sicherung des Existenzrechtes ihres Staates rühmt, wird die Benennung dieser kriegerischen Absicht durch den deutschen Literaturnobelpreisträger von der prozionistischen Meinungsmaschinerie als »antisemitische Verleumdung« denunziert.

Grass hat diese Reaktion in seinem Text vorweggenommen, indem er sein langes Schweigen damit begründete, dem Verdikt Antisemitismus ausgewichen zu sein. Daß Israels Atomwaffenarsenal von der veröffentlichten Meinung so gut wie überhaupt nicht thematisiert wird, führt der Schriftsteller auf die erpresserische Handhabung des Antisemitismus-Vorwurfes zurück. Entsprechend sahen dann auch die Reaktionen auf den »mit letzter Tinte« geschriebenen Appell des Literaten, die Kriegsfurie zu bändigen, aus.

Daß Günter Grass die gegenüber Kriegsgegnern angewandten Diffamierungsmethoden vorausschauend zur Debatte stellte, machte die Kampagnenbetreiber kein bißchen verlegen, sondern stachelte sie noch zusätzlich an. Mit seiner Kritik der Instrumentalisierung des Antisemitismus-Vorwurfes bediene der Dichter, so Klaus Hillenbrand in der taz, ganz besonders üble antisemitische Klischees: »Der Skandal besteht also nicht in Grass’ Israel-Kritik, sondern darin, daß er sich bei dieser Kritik zum Märtyreropfer von Juden stilisiert, die mit der Antisemitismuskeule angeblich die Wahrheit zensieren wollen. Das ist ein antisemitisches Stereotyp.« Dessen sich Herr Hillebrand, der alle Kriegshetzer und Diskurskommissare zu Juden erklärt, bedient. Grass hingegen hat sich an keiner Stelle seines Textes als Opfer von Juden stilisiert, sondern vor allem die deutsche Unterstützung der israelischen Kriegspolitik, einschließlich der Lieferung von Atom-U-Booten beklagt.

Tom Strohschneider, Linkspartei-Experte der taz und Betreiber des Blogs »Lafontaines Linke«, bestreitet die offenkundige Tatsache, daß nicht der Iran Israel, sondern Israel den Iran bedroht. Die antizionistische Rhetorik iranischer Politiker erscheint ihm als existenzbedrohlicher als Israels offen ausgesprochene Kriegsabsichten – die Option eines atomaren Vernichtungskrieges inbegriffen. Strohschreiber schreibt, was die prozionistischen Rechten in der Linkspartei denken. Linken-Vize Halina Wawzyniak wirft Grass »mindestens einseitige Schuldzuweisung vor«. Das hört sich noch relativ harmlos an. Es ist freilich zu erwarten, daß die Kriegshelden vom BAK Shalom spätestens nach Ostern ihre Atom-U-Boote in Stellung bringen.

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#5

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 07.04.2012 12:53
von Gast
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Meine Reaktion auf das Grass-Gedicht ist :
" Na endlich sagts mal jemand " !

Vor lauter Angst, sofort als "Antisemit" beschimpft zu werden, haben sich doch viele Menschen aus der Friedensbewegung gar nicht mehr getraut, auch nur den Hauch einer Kritik an der israelischen Politik zu äußern.
Hoffentlich kommt jetzt mal eine breite öffentliche Diskussion zustande.

Gruß von Christa

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#6

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 08.04.2012 11:08
von Lisadill • 744 Beiträge

Zitat von Gast
Meine Reaktion auf das Grass-Gedicht ist :
" Na endlich sagts mal jemand " !

Vor lauter Angst, sofort als "Antisemit" beschimpft zu werden, haben sich doch viele Menschen aus der Friedensbewegung gar nicht mehr getraut, auch nur den Hauch einer Kritik an der israelischen Politik zu äußern.
Hoffentlich kommt jetzt mal eine breite öffentliche Diskussion zustande.

Gruß von Christa



auf einem Transparent der gestrigen Demo stand:" Grass hat ja recht!"

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#7

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 08.04.2012 20:46
von Gast
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Jetzt hat Günter Grass von Israel ein Einreiseverbot bekommen.....
Ich denke, dass Grass jetzt sehr viel Solidarität braucht von denen, die seine Meinung teilen.

Hier kann man ihm eine E-mail schreiben :

hohsoling@steidl.de

(das ist sein Sekretariat, die Nachricht wird dann an ihn weitergeleitet)

Gruß von C.

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#8

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 09.04.2012 09:55
von Lisadill • 744 Beiträge

ja das mag sein, gute Idee die Solidaritaet per mail auszudruecken.
Es hat sich quasi die gesamte Presse gegen ihn verschworen.Mutiger Mann der Guenter Grass.
(Auf Radio Lora in Muenchen hat man auch Argumente fuer Grass kundgetan)
wenn man Antisemit sein soll weil man wagt die Regierung in Isarael zu kritisieren dann muss die haelfte der Israelischen Bevoelkerung antisemitisch sein. Die Liebeserklaerung fuer den Iran ,die ueber facebook gestartet wurde, spricht dafuer, dass es in Israel viele vernuenftige ,empathische Menschen gibt

Zitat von Gast
Jetzt hat Günter Grass von Israel ein Einreiseverbot bekommen.....
Ich denke, dass Grass jetzt sehr viel Solidarität braucht von denen, die seine Meinung teilen.

Hier kann man ihm eine E-mail schreiben :

hohsoling@steidl.de

(das ist sein Sekretariat, die Nachricht wird dann an ihn weitergeleitet)

Gruß von C.

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#9

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 09.04.2012 17:13
von Lisadill • 744 Beiträge

"Israels Einreiseverbot gegen Grass stößt auf Widerspruch
Das von Israel gegen Günter Grass verhängte Einreiseverbot ist bei deutschen Politikern sowie dem früheren israelischen Botschafter Avi Primor auf Kritik gestoßen. Primor nannte das Verbot in den ARD-"Tagesthemen "übertrieben, ein bisschen hysterisch". Mit Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) ergriff auch ein Vertreter der Bundesregierung Initiative für den Literaturnobelpreisträger."

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#10

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 10.04.2012 20:30
von Lisadill • 744 Beiträge

Wiglaf Droste meint folgendes:

Wo Grass wächst ...
... da wächst kein Gras mehr. Über Kartoffeln, Katzen und die DDR als KZ
Von Wiglaf Droste

»Au au au statt Miau!«
Grata ist der Name einer Kartoffelsorte; wenn Mitglieder der israelischen Regierung Günter Grass zur persona non grata erklären, ist das eine kulinarische Entscheidung: Der deutsche Kulturbetriebswirt Grass ist ungenießbar. Ein Einreiseverbot gegen die Lübecker Marzipankartoffel zu verhängen, wirkt allerdings voreilig; Grass hatte ja nicht einmal erklärt, einreisen zu wollen, und mindestens so lange kann man doch mit einem Veto warten.

Der israelische Historiker Tom Segev hält nichts von hitzigen und überstürzten Reaktionen auf Günter Grass und sein »Was gesagt werden muß«-Gestammel: »Wenn ich Ratgeber des Premiers wäre«, sagte Segev, »hätte ich vorgeschlagen, gar nicht darauf zu reagieren. Wen kümmert es schon, was Grass zu Israel und Iran denkt?«

Solche kluge, lässige Souveränität ist allerdings wenig schlagzeilentauglich und verkaufsfördernd, und so entschied sich der deutsche Medienbetrieb wie immer fürs Geschrei. Frank Schirrmacher entdeckte in der FAZ die Kunst, »mit dem Schraubenzieher zu lesen« und erwies sich damit etwa so metaphernsicher wie Günter Grass. Lyrik ist schwyrik, Lyrikkritik aber auch, allein schon wegen der drei ›k‹ im Wort Lyrikkritik. Lesen wir das Gedicht »Vergleichsweise«, das Grass vor mehr als 40 Jahren schrieb:

Eine Katze liegt in der Wiese.

Die Wiese ist hundertzehn

mal neunzig Meter groß;

die Katze dagegen ist noch sehr jung.

Der Arbeitskreis »Lyrik statt Grass« erklärt dazu: »Die arme Katze! Au au au statt Miau, das ist doch Tierquälerei mit schiefen Bildern! Aufhören!« Als Lyriker war Grass immer schon eine taube Nuß. Der Methode »Schreib’s untereinander und nenn’ es Gedicht« blieb er treu. Im Band »Letzte Tänze«, der ehrlicherweise »Letzte Schwänze« oder »Impotänze« hätte heißen müssen, findet sich auch »Ein Wunder«:

Soeben noch schlaff und abgenutzt

Nach soviel Jahren Gebrauch,

Steht Er

– Was Wunder!

Er steht –,

Will von dir, mir und dir bestaunt sein,

Verlästert und nützlich zugleich.

So etwas schafft kein Ghostwriter und kein Lektor, das kann nur Günter Grass ganz allein. Mit der Prosa sieht es ähnlich aus. »Auf Weihnachten wünschte ich eine Rättin mir«: Das ist nicht Literatur, das ist eine Blähung. Wenn Grass demonstrativ nein sagen will, sagt er nicht nein, sondern schreibt: »Dem sei mein Nein vor die Schwelle gelegt.« Geht es noch geschwollener? Grass, der sein Berufsleben in Gockelhaft verbracht hat, schreibt »Wir vom Archiv nannten ihn Fonty«, selbstverständlich aus »Verehrung« für Fontane, so wie er ja auch behauptet, »für Brecht« zu sprechen, wenn er in seinem Stück »Die Plebejer proben den Aufstand« Brecht als »Verräter« brandmarkt und empfiehlt, ihn einfach aufzuhängen.

Wen Grass zu seinem »Freund« erklärt, dem er »verbunden« ist, der muß mit dem Schlimmsten rechnen. Grass nennt sich Freund, um gefahrlos zuschlagen zu können. So plump und so feige das ist, so verfängt es doch immer noch da und dort. Linke und Friedensbewegte solidarisieren sich mit Grass, einem gelernten Lügner und Denun zianten, der beispielsweise Heinar Kipphardt als Terrorismus-Sympathisanten anschwärzte und in aufwendiger Wühlarbeit mit Arnulf Baring und Hans-Jochen Vogel dafür sorgte, daß Kipphardt seine Arbeit als Dramaturg an den Münchner Kammerspielen verlor. Der Briefwechsel zwischen Kipphardt und Peter Hacks (»Du tust mir wirklich fehlen«, Eulenspiegel) ist auch diesbezüglich eine sprudelnde Quelle der Erkenntnis.

Der Leipziger Autor und Verleger Joachim Jahns hat in seinem Buch über Günter Grass und die Waffen-SS auf den »Offenen Brief an Anna Seghers« hingewiesen, den Grass am 14.8.1961 veröffentlichte und in dem er die DDR ein »Konzentrationslager« nennt und Walter Ulbricht dessen »Kommandanten«. Das schrieb einer, der bei der Waffen-SS war, die in den Konzentrationslagern Massenmorde beging. Um sein Bedürfnis nach Selbstentlastung zu befriedigen, war und ist Grass jedes Mittel recht, er scheute und scheut bis heute vor nichts zurück.

Tom Segev hat recht: »Wen kümmert es schon, was Grass zu Israel und Iran denkt?« Oder über Katzen und seinen Schwanz? Wer Grass abnimmt, es gehe ihm um irgendeinen wie auch immer gearteten »Inhalt«, der sich nicht in den Worten Günter Grass zusammenfassen ließe, der geht ihm auf den Leim. Es gibt keinen Inhalt, den Grass nicht zu seinen Zwecken mißbraucht.

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#11

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 10.04.2012 22:49
von Lisadill • 744 Beiträge

noch etwas zum Iran, unabhaengig von Grass

»Unsere Leute im Iran?«
Der Publizist Seymour Hersh veröffentlichte auf der Internetseite der Zeitschrift The New Yorker am vergangenen Donnerstag unter dem Titel »Unsere Leute im Iran?« einen Text, in dem es heißt:


Aus der Luft sieht das Nationale Sicherheitsgelände des Energieministeriums in Nevada mit seinen trockenen Hochebenen und seinen entlegenen Bergen wie der Nordwesten Irans aus. (…) An dieser Stelle trainierte das Vereinte Kommando für Spezialoperationen (JSOC) seit 2005 Mitglieder der Mudschahedin-e-Khalq (»Volksmudschaheddin« – d.Red.), einer oppositionellen iranischen Dissidentengruppe, die im Westen als MEK bekannt ist. Die MEK begann als eine marxistisch-islamistische, von Studenten geführte Gruppe und wurde in den 1970er Jahren mit der Ermordung von sechs US-Bürgern in Verbindung gebracht. Ursprünglich war sie Teil der breiten Basis jener Revolution, die 1979 zum Sturz des Schahs von Persien führte. Innerhalb weniger Jahre führte die Gruppe allerdings einen blutigen inneren Krieg gegen die herrschenden Kleriker und wurde 1997 vom US-Außenministerium auf die Liste ausländischer Terrororganisationen gesetzt. 2002 erntete die MEK internationale Glaubwürdigkeit, als sie öffentlich enthüllte – sehr präzise –, daß der Iran in einer geheimen unterirdischen Anlage begonnen habe, Uran anzureichern. Der damalige Direktor der Internationalen Atomenergieagentur, Mohamed ElBaradei, erzählte mir später, er sei informiert worden, daß die Information vom Mossad (israelischer Geheimdienst – d. Red.) geliefert worden sei. Die Verbindungen der MEK zu westlichen Geheimdiensten wurden nach dem Fall des irakischen Regimes 2003 enger, und das JSOC begann, innerhalb des Iran zu operieren (…).

Dennoch (…) blieb die MEK auf der Terrorliste des US-Außenministeriums, was bedeutete, daß Geheimhaltung für das Training in Nevada von wesentlicher Bedeutung war. (…) Die Ausbildung endete einige Zeit, bevor Präsident Obama ins Amt kam, (…). Seit 2007 wurden fünf iranische Atomwissenschaftler ermordet. MEK-Sprecher dementierten jede Beteiligung daran, aber zu Beginn vergangenen Monats zitierte NBC News zwei leitende Mitarbeiter der Obama-Administration, die bestätigten, daß die Angriffe von MEK-Einheiten, die vom Mossad – dem israelischen Geheimdienst – finanziert und ausgebildet worden seien, durchgeführt wurden. NBC zitierte die Regierungsmitarbeiter außerdem damit, daß sie eine US-Mitwirkung in die MEK-Aktivitäten abstritten. Der frühere leitende Geheimdienstler, mit dem ich sprach, bestätigte den NBC-Bericht, daß die Israelis mit der MEK zusammenarbeiteten, fügte aber hinzu, daß den Operationen US-Geheimdienstinformationen zugute kamen. (…) »Die MEK war ein völliger Witz«, sagte der leitende Pentagon-Berater, »und jetzt ist sie ein echtes Netzwerk innerhalb des Iran. Wodurch wurde die MEK viel effizienter?«, fragte er rhetorisch. (…) Die MEK hat jetzt eine Fähigkeit zu wirkungsvollen Operationen wie nie zuvor.« (…)

Vollständiger Text im Internet: www.newyorker.com


zuletzt bearbeitet 10.04.2012 22:50 | nach oben springen

#12

RE: Günther Grass schrieb gegen den Krieg, ein Gedicht.

in Scham & Ehre 18.05.2012 10:25
von Lisadill • 744 Beiträge

Keine Mehrheit gegen Grass
Zum Abschluß der Jahrestagung des P.E.N.-Zentrums Deutschland in Rudolstadt/Thüringen hat die Mitgliederversammlung über einige vorliegende Anträge entschieden:

Es ist beschlossen worden, zum wichtigen Thema Urheberrecht eine Arbeitsgemeinschaft zu bilden, die in engem Kontakt mit anderen bereits mit solchen Fragen befaßten Organisationen (wie VG-Wort, Verband deutscher Schriftsteller, Börsenverein, Syndikat usw.) die urheberrechtlichen Fragen zu klären, die unter anderem durch die Verwertung von Wortbeiträgen auch im Netz neu entstanden sind.
Der nicht mehr von der Todesstrafe bedrohte amerikanische Häftling Mumia Abu-Jamal möge auch trotz seines veränderten Status wieder auf die Caselist des PEN International gesetzt werden, da seine schriftstellerische Arbeit unter den neuen Haftbedingungen noch mehr zu leiden hat als zuvor.
In einer weiteren Erklärung warnt die Mitgliederversammlung vor der Desavouierung einer großen Kulturnation wie Griechenland als Schuldnerland Europas. Die Schriftsteller erinnern daran, daß Deutschland noch immer keine angemessenen Reparationen für die von der deutschen Besetzungsmacht verursachten Schäden geleistet hat.
Wegen des von Günter Grass veröffentlichten Gedichts »Was gesagt werden muß« wurde ein Antrag eingereicht, Günter Grass die Ehrenpräsidentschaft im deutschen P.E.N. und die ihm verliehene Hermann-Kesten-Medaille abzuerkennen. Dieser Antrag hat keinen Fürsprecher gefunden.
Als neuer Vizepräsident und Beauftragter für »Writers in Prison« wurde für den scheidenden Amtsinhaber Dirk Sager der Gießener Germanistikprofessor Sascha Feuchert mit überwältigender Stimmenmehrheit von der Mitgliederversammlung gewählt.

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