UNSERE ZUKUNFT

Selber denken und verantwortlich handeln. Lasst uns nachhaltig etwas bewegen!

#1

für eine Agrarwende Demo in Berlin

in Landwirtschaft und Ernährung 20.01.2013 23:47
von Lisadill • 744 Beiträge

Für eine Agrarwende
Berlin: 25000 Menschen fordern Umsteuern bei Subventionen für Landwirtschaft. Tierfabriken, Gentechnik und Folgen der EU-Politik für Länder des Südens angeprangert
Von Wolfgang Pomrehn

Trecker vor dem Kanzleramt in Berlin: Derlei sehen auch die demonstrationserprobten Hauptstädter nicht alle Tage. Am Samstag demonstrierten nach Veranstalterangaben rund 25000 Menschen gegen Tierfabriken, Gentechnik und Raubbau in der Landwirtschaft. Mit dabei waren 70 landwirtschaftliche Zugmaschinen und Fahrzeuge von Imkern. Letztere machen seit Jahren auf das dramatische Bienensterben aufmerksam, das durch den starken Einsatz von Pestiziden, die Ausbreitung von Monokulturen und gentechnisch veränderten Pflanzen zurückzuführen ist. Anlaß der Demonstration war die derzeit in Berlin abgehaltene Landwirtschafts- und Nahrungsgütermesse »Grüne Woche« – und der am Samstag im Auswärtigen Amt abgehaltene Agrarministergipfel mit Teilnehmern aus über 80 Ländern. Schon zum dritten Mal in Folge machte ein breites Bündnis von Umwelt- und Verbraucherschützern, Bürgerinitiativen, Landwirten und entwicklungspolitischen Organisationen auf die Fehlentwicklungen in der Agrarpolitik aufmerksam.

Hubert Weiger, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sprach von »potemkinschen Dörfern der Agrarindustrie«, die auf der Messe gezeigt würden: »Hinter dem schönen Schein der Messestände verbergen sich millionenfaches Tierleid, ein exorbitanter Antibiotikaeinsatz bei Masttieren und enorme Belastungen der Umwelt durch die Massentierhaltung.« Statt Tierfabriken müßten endlich bäuerliche Betriebe gefördert werden. In die gleich Kerbe schlug Felix Prinz zu Löwenstein, Vorsitzender des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft: Die EU-Agrarsubventionen dürften nicht länger mit der Gießkanne verteilt werden. Die Milliardenbeträge sollten vielmehr gezielt für jene ökologischen und sozialen Leistungen eingesetzt werden, für die der Markt die Bauern nicht entlohnt.

Die unmittelbaren sozialen und Umweltfolgen der Massenproduktion von billigem Fleisch schilderte Uschi Helmers von der Bürgerinitiative gegen einen gigantischen Geflügelschlachthof im niedersächsischen Wietze, in dem seit 2011 pro Jahr knapp 135 Millionen Hühner geschlachtet werden: Ausländische Arbeiter würden in Fleischfabriken wie dieser »für 3,50 Euro Stundenlohn ausgebeutet«. Für das Futter, das Masttiere hierzulande bekommen, werde »der Regenwald in Südamerika abgeholzt«. Johanna Böse-Hartje vom Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter wies auf die prekäre Lage ihrer Berufkollegen hin, die sich trotz Milchstreiks, Bäuerinnencamp vorm Kanzleramt und Demonstrationen in Brüssel nicht verbessert habe. Sie äußerte die Hoffnung, daß ein breites Bündnis von Bauern und Bürgern eine Wende in der Agrarpolitik herbeiführen könne. Die starke Beteiligung an der Demonstration sei »der Beweis, daß unsere Forderungen nach Marktregeln« und einem Systemwechsel in der Landwirtschaftsförderung »in der Gesellschaft angekommen« seien. Gemeinsam könne man erreichen, daß bäuerliche Betriebe »endlich unter fairen Bedingungen gesunde Lebensmittel erzeugen« können.

Die Teilnehmer waren aus dem ganzen Bundesgebiet gekommen und einige sogar aus Polen. Auf einem Transparent wurde »Teraz: Rolnictwo Ekologiczne« (»Ökologische Landwirtschaft jetzt«) gefordert. Die globalen Folgen der heutigen EU-Agrarpolitik skizzierte Klaus Seitz, Leiter der Politikabteilung von Brot für die Welt – Evangelischer Entwicklungsdienst: Insbesondere die europäischen Agrarexporte bedrohten »die Existenz vieler Bauernfamilien in den armen Ländern«. Produktivitätssteigerung in unseren Breiten trage nicht zur Bekämpfung des Hungers im Süden bei, im Gegenteil.
Lesen und lesen lassen (Login erforderlich)


zuletzt bearbeitet 20.01.2013 23:48 | nach oben springen


Besucher
0 Mitglieder und 4 Gäste sind Online

Forum Statistiken
Das Forum hat 1058 Themen und 5119 Beiträge.

Besucherrekord: 800 Benutzer (29.03.2015 23:04).