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EX -Kanzler Schmidt (nachträglich) zum Geburtstag
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EX -Kanzler Schmidt (nachträglich) zum Geburtstag
in unsere Regierung 28.12.2012 10:10von Lisadill • 744 Beiträge
Michael Jäger
Der Ewiggestrige
Helmut Schmidt Der Ex-Bundeskanzler trauert der Atomenergie hinterher und hält die Klimakatastrophe für ein Gerücht. Der Mann wird heute 94 Jahre alt
Der Ewiggestrige
Als weltökonomisches Orakel ist und bleibt Helmut Schmidt gefragt
Am 23. Dezember wird Helmut Schmidt 94 Jahre alt. Er war Bundeskanzler zwischen den Jahren 1974 und 1982. Seit 1983 ist er Mitherausgeber der Zeit.
Der Sozialdemokrat kommentiert noch heute das Zeitgeschehen. Zum Beispiel befürwortete er frühzeitig Peer Steinbrücks Kanzlerkandidatur. Was er sonst in den letzten Jahren vorschlug, erfüllt die meisten Parteifreunde mit Grausen: Einfrieren von Hartz IV auf niedrigem Niveau, höheres Rentenalter, Abbau des Kündigungsschutzes und so weiter. Er hängt immer noch der friedlichen Nutzung der Atomenergie an und hält die Klimakatastrophe weiterhin für ein Gerücht. Wenigstens hat er den Kosovo-Krieg als Völkerrechtsbruch abgelehnt. Und bei allem, was er sagt, ist ein Subtext nicht zu überhören: Ja, als ich Bundeskanzler war ...! Das ist nur menschlich.
Aber war das wirklich eine goldene Zeit, als er regierte?
Was ihn auszeichnete, war sein Talent als Krisenmanager, das er als Wehrmachtsoffizier mitbrachte. So wurde der Hamburger Innensenator Schmidt im Jahr 1962 überregional bekannt, als eine Sturmflut über die Stadt hereinbrach und er den Großeinsatz der Rettungsdienste koordinierte. Er bat die Bundeswehr, ja die Nato um Mithilfe; ins Grundgesetz, sagt er, habe er in diesen Tagen nicht geschaut. Das hat wohl auch der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt nicht jeden Tag getan, als er 1977 dem „Großen Krisenstab“ zur Bekämpfung der RAF-Terroristen vorsaß, der das Organ eines unerklärten Ausnahmezustands war, wie der Historiker Wolfgang Kraushaar sagt.
Noch bevor er Kanzler wurde, kam dem Bundesverteidigungsminister Schmidt die Offiziersvergangenheit zustatten, als ihm in der Regierung Brandt/Scheel die Aufgabe zufiel, die Bundeswehr zu reformieren. Dass es ihm gelang, dürfte der bis dahin wichtigste Erfolg seiner politischen Laufbahn gewesen sein. Der Kampf zwischen demokratischen Reformern und Wehrmachts-Traditionalisten in der Bundeswehr wurde erst damals zugunsten der ersteren entschieden.
Von einem Kanzler wünscht man sich eigentlich etwas mehr als Management-Fähigkeiten. Doch Schmidt verstand es, sich als großen Macher zu stilisieren. So wurde er in bürgerlichen wie Arbeiterkreisen populär. Noch als er das Amt 1982 verlor, glaubte wohl eine Mehrheit der Westdeutschen, er sei einem Dolchstoß in den Rücken zum Opfer gefallen, ausgeführt vom Koalitionspartner FDP und seiner eigenen Partei, die sich beide von ihm abwandten.
Kein starker Mann
Das taten sie, weil er in der ökonomischen Krise den Sozialstaat abzubauen begann und so die nachfolgende Unionsregierung vorbereitete. Er konnte dennoch von sich sagen, die Arbeiter verstünden ihn besser als die SPD-Funktionäre. So beklatschte eine entlassungsbedrohte Belegschaft seinen folgenlosen, aber doch kritischen Satz, die Geschäftsführung habe erst gehandelt, „als die Kacke schon am Dampfen war“.
Ein starker Mann war er damals nicht, über starke Worte gebot er allemal. Deshalb wurde er ja liebevoll „Schmidt-Schnauze“ genannt. Auch im Bürgertum konnte er punkten, zum Beispiel weil er sich gern auf die Philosophie Karl Poppers berief, die zu seinem demonstrativen Pragmatismus passte. Außenpolitisch war es seine folgenreichste Tat, zusammen mit dem französischen Präsidenten Valerie Giscard d’Estaing die Europäische Währungsunion und damit auf lange Sicht den Euro auf den Weg gebracht zu haben.
Oft wird hervorgehoben, dass es ihm gelungen sei, Deutschland international aufzuwerten. So war er 1977 zum politischen Gipfeltreffen auf der Insel Guadeloupe eingeladen, wo er mit den Regierungschefs Großbritanniens, Frankreichs und der USA konferierte. Zum ersten Mal erschien da die Bundesrepublik als mitführende westliche Großmacht. Die Konferenz war freilich vor allem deshalb bedeutsam, weil sie die Nachrüstung der Nato auf westdeutschem Boden gegen die sowjetischen SS-20-Raketen beschloss.
Im Grunde besiegelte sie Schmidts politisches Schicksal. Gegen die neue Runde des Wettrüstens entstand jene Friedensbewegung, die die Grünen schließlich in den Bundestag brachte. Aber auch seine eigene Partei folgte ihm nicht mehr, so dass die FDP es für ratsam hielt, den Koalitionspartner zu wechseln. Jetzt war der Krisenmanager überfordert.
Die "Nachrüstung"
Er selbst hatte die Situation mit wirren Kreuz- und Querzügen heraufbeschworen. Viel hielt er sich darauf zugute, als Erster auf die SS-20-Raketen verwiesen und eine „Wiederherstellung des Gleichgewichts“ angemahnt zu haben. Und tatsächlich, weder die Sowjetunion noch die USA konnten anfangs seiner Klage einen Sinn abgewinnen. Als dann aber die USA die Gelegenheit nutzten, ihre eigene neue Raketengeneration, die Pershing II, als Abwehr der SS 20 zu präsentieren, war ihm das auch wieder nicht recht.
Helmut Schmidt hatte sich vorgestellt, das Gleichgewicht würde durch den Abbau des sowjetischen, nicht durch den Ausbau des amerikanischen Raketenprogramms wiederhergestellt werden. Die USA hielten sich leider auch nicht an die Sprachregelung, den Rüstungsbeschluss der Nato als „Doppelbeschluss“ hinzustellen, wonach es ein paar Jahre Verhandlungen geben sollte und man erst nach deren Scheitern die Pershings stationieren würde. Sie verhandelten nicht, sondern nutzten die Jahre zur Raketenproduktion. Da wurde Schmidt nervös. Er griff einerseits den US-Präsidenten Jimmy Carter an und zog andererseits über die „Angst“ der Friedensdemonstranten her. Ein Offizier mag Angst haben, er zeigt sie aber nicht! Kurz, sein Rationalismus stieß auf Grenzen.
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