Avocadocremesuppe
Von Ina Bösecke
»Jeder ist seines Glückes Schmied«, heißt es in einem lebensfernen Sprichwort. Als ob es keine Umstände gäbe, die eben das auch verhindern können. Wie zum Beispiel folgender Fall verdeutlicht: Als Kind vom Vater mißhandelt und mißbraucht, gerät Maggie als erwachsene Frau immer wieder an die falschen Männer, die auch gerne zuschlagen. Für ihre Kinder tut sie alles, nur einmal läßt sie sie kurz allein, gerade dann bricht ein Feuer aus, und das Jugendamt nimmt ihr die vier Liebsten weg. Maggie ist aufbrausend, kann ihre Wut nicht bezähmen, wechselt häufig die Partner; der Staat, vertreten durch Gericht und Ämter, gibt ihr keine Chance, die Kinder zurückzubekommen. Zusammen mit ihrem neuen Freund zeugt sie ein neues Baby, es wird ihr nach ein paar Monaten weggenommen. Es folgt ein weiteres Baby, die Polizei holt es bereits vom Krankenhaus ab. Maggie schmiedet und schmiedet und schmiedet an ihrem Glück. Die nächsten drei Kinder darf sie endlich behalten.
Die Geschichte soll wahr sein. So steht es am Anfang des Films »Ladybird, Ladybird« (Großbritannien 1994) von Ken Loach. Es geht dem Regisseur nicht um Schuldzuweisungen. Den Menschen, die Maggie, hervorragend gespielt von der damaligen Laienschauspielerin Crissy Rock, die Kinder wegnehmen, ist nicht wohl dabei. Aber es gibt Kinder, die vor ihren Eltern geschützt werden müssen, und Maggie hat sich manchmal nicht im Griff. Was man nicht mitbekommt, wenn man so eine Geschichte in der Zeitung liest, zeigt der Film, nämlich wie sehr Maggie ihre Kinder liebt und wie sehr man ihr per Gesetz Unrecht tut, indem man sie als unfähig abstempelt. Dürfen nur in sich ruhende Menschen Kinder bekommen? Und was ist mit Jorge, der neue Freund an Maggies Seite, der ausgeglichenste, friedfertigste Mensch auf Erden, es sind auch seine Kinder, warum darf er sie nicht behalten? Weil er ein Ausländer ohne Papiere ist, weil er nicht zählt.
Seit Jahrzehnten gibt Ken Loach Leuten, die für die herrschende Klasse nicht zählen, ihre Stimme zurück. Das ist sehr verdienstvoll, auch wenn die Botschaft seiner Filme manchmal zu einfach gestrickt wirkt und der Humor auf einer anderen Wellenlänge liegt.
Themawechsel: Essen. Maggie versucht, die Beamten vom Jugendamt immer wieder mit Keksen auf ihre Seite zu ziehen. Sie sind nicht selbst gebacken. Ganz offensichtlich ein großer Fehler. Jorge erzählt einmal von einem Ort in Paraguay, seinem Heimatland, in dem es die beste Pizza der Welt geben soll, besser als in Italien. Wer es glaubt... Interessanter für uns Polpotis ist die Avocadocremesuppe mit Sherry und Maisfladenstreifen, ein echtes Gericht aus Paraguay: Vier EL Maismehl mit wenig Wasser zu einem festen Teig verkneten. In vier Portionen teilen, jedes Teigstück auf Backpapier möglichst dünn ausrollen. Nacheinander in einer beschichteten Pfanne in wenig Öl auf beiden Seiten goldgelb backen. Jeden Fladen aufrollen, in dünne Streifen schneiden. Warm stellen. Drei reife Avocados halbieren, entkernen, Fruchtfleisch aus den Schalen lösen, grob würfeln. In den Mixer geben, mit dem Saft einer Limette beträufeln, mit 125 g Sahne glatt pürieren. Einen halben Liter Geflügelbrühe in einem Topf aufkochen. Vom Herd nehmen, die Avocadocreme unterrühren. Suppe mit zwei EL trockenem Sherry, Salz und frisch gemahlenem Pfeffer abschmecken. Suppe in vier tiefe Teller verteilen, mit den Fladenstreifen garniert.