Ein guter und ein böser Typ, moderne Kameratechnik, ein bißchen traurige Geigenmusik und fertig ist der Dokfilmerfolg? Nein, da fehlt noch was! Hundewelpen, kleine Kätzchen? Knapp gefehlt, Bienen! Diese Nutztierchen gelten schließlich als gefährdet. Der Schweizer Filmemacher Markus Imhoof zeigt sie nun in so tollen Bildern, daß man als Kinogänger, man sollte es kaum für möglich halten, Empathie entwickelt – für domestizierte Insekten.
»More Than Honey« beginnt, wo Imhoof geboren wurde. Mit Akzent rekapituliert der Regisseur im Off die Geschichte der großväterlichen Imkerei. Seine Darstellung wirkt leider auch ziemlich opihaft. Verstärkt wird dieser Eindruck, als Fred Jaggi auftritt, ein Imker, dessen Bienenvölker einer alten Schweizer Rasse angehören. Fast scheint er seine Bienen noch alle persönlich zu kennen, jedenfalls vertreibt er fremdrassige Artgenossen aus dem Tal. Und Jaggi ist noch der gute Typ! Damit der Zuschauer das merkt, sieht die Schweiz aus wie im Reiseprospekt. Jaggi stapft durchs Bergidyll, den grünem Hut der Alpenländler auf dem Kopf und eine Zigarre im Vollbart.
Womit wir beim bad guy wären: grauer Himmel über endlosen rosa Blütenfeldern, John Miller vor einem schwarzen Jeep. Mit den 4000 Bienenvölkern seiner »Miller Honey Farms« bereist der Kalifornier die berühmten Mandelplantagen an der Westküste. Für die Bestäubungsleistung seiner Völker erhält er von den Farmern jeweils 150 US-Dollar. Das Summen muß ihn an eine Notenpresse erinnern, aber die Brut seiner Bienen kommt schlecht klar mit zeitgleich auf den Feldern ausgebrachten Pestiziden.
Vorwurfsvoll zeigt der Film die Kreuzung verschiedener Völker. Ein völlig übliches Vorgehen bei der Haltung dieser Nutztiere – genau wie der Transport zur nächsten Tracht, wenn eine abgeblüht ist. Bei Imhoof aber gilt so etwas als böse. Besonders hervor tun sich in diesem Zusammenhang – dreimal dürfen Sie raten – die Chinesen. »Mao ließ alle Spatzen ausrotten.« Sie fraßen zuviel Getreide. In Ermangelung Insekten vertilgender Nützlinge setzte man verstärkt auf Insektizide, was die Bienen wohl ziemlich erledigt hat.
Daß Bienen Staaten bilden, hat manchen zu unguten Analogien mit dem Homo sapiens verleitet, die Imhoof ausdrücklich nicht gutheißt. Die Bilder seines Films sind großartig und nie dagewesen. Im Inneren von Stöcken wurde gefilmt. Es gibt tolle Kameraflüge mit Minihelis. Die Story zielt insgesamt aber eben mehr auf »phobos und eleos« (Furcht und Mitleid) als den Verstand. Unerwähnt bleibt so etwa, daß Grundnahrungsmittel wie Reis, Weizen oder Mais mit Bienenbestäubung nichts zu tun haben, sondern nur Obst und Gemüse.
Alternativen werden im Film etwa von einem Freak angerissen, der »Killerbienen« züchtet. Die drei tragenden Säulen der Bio-Imkerei aber mußten gesondert bei einem Pressegespräch zum Kinostart erläutert werden: als Futter dient Raffinade-Zucker aus Bioproduktion, die Stöcke sind aus Holz- statt Styroporkisten und die Varroa-Milbe wird nur mit organischen Säuren bekämpft. Solche Informationen ließen sich filmisch nicht spektakulär genug umsetzen. Sie hätten vielleicht auch die apokalyptische Grundstimmung versaut.
»More Than Honey«, Regie: Markus Imhoof, Schweiz/D/Österreich 2012, 90 min, bereits angelaufen