Demonstrationen gegen nukleare MOX-Transporte. Lieferung aus Großbritannien wird noch im November am Hafen in Nordenham erwartet
Von Reimar Paul
Die Protestbewegung gegen die nuklearen MOX-Transporte hat sich am Wochenende warmgelaufen. Rund 700 Atomkraftgegner demonstrierten am AKW Grohnde und im Hafen von Nordenham – dort sollen vermutlich noch im November acht weitere plutoniumhaltige Mischoxid-Brennelemente (MOX) angeliefert werden. Bereits Ende September waren acht Behälter über Nordenham nach Grohnde gebracht worden. In der Nähe des AKW versammelten sich am Samstag mittag rund 500 Menschen – die Polizei sprach von knapp 400 Teilnehmern – zu einer Auftaktkundgebung. Tobias Darge von der Regionalkonferenz »Grohnde abschalten« forderte vom Bundesamt für Strahlenschutz die Rücknahme der Transportgenehmigung. Bei einer Überprüfung des MOX-Schiffes »Atlantic Osprey« habe sich der Transporteur als völlig unzuverlässig erwiesen: Dosimeter zum Messen von Strahlung hätten gefehlt, die Schiffsmannschaft sei nicht im Strahlenschutz geschult, der Brandschutz und die Notfallbox für Atomunfälle seien unvollständig gewesen.
Uwe Hiksch vom Bundesvorstand der Naturfreunde Deutschland bezeichnete die MOX-Transporte am Samstag als »Verbrechen«. Blockaden dagegen seien ein legitimes Mittel. »Wir werden SPD und Grüne, die bei vielen Antiatomdemos mitgemacht haben, bei der Bundestagswahl daran messen, ob sie den herrschenden Atomkonsens der Parteien hinterfragen und die Atomkraftwerke sofort stillegen«, so Hiksch.
Begleitet von einigen Traktoren, zogen die Demonstranten dann im Rahmen einer sogenannten »Streckenerkundung« zum AKW weiter. In Nordenham protestierten zeitgleich etwa 200 Menschen gegen die Fuhre. Auch dort warnten Redner vor unkalkulierbaren Gefahren des hochgiftigen Plutoniums in den Brennstäben. Schon kleinste Mengen reichten aus, um Lungenkrebs auszulösen. Die Umweltorganisation Robin Wood verlangt die Sperrung aller deutschen Häfen für MOX-Transporte. Sie setzten die Bürger enormen Gefahren aus und dienten nur einem Zweck – dem Weiterbetrieb des Atomkraftwerks Grohnde. »Wir wollen raus aus der Atomkraft und ein Ende dieser überflüssigen, hochriskanten Transporte«, sagte der Energiereferent der Umweltorganisation, Dirk Seifert, auf der Kundgebung.
Kommunalparlamente haben sich ebenfalls gegen den Atomtransport positioniert. Der Landkreis Wesermarsch und die Stadt Nordenham sprachen sich dagegen aus, daß der Hafen der Weserstadt weiter als Umschlagplatz für radioaktive Stoffe genutzt wird. Die Mehrheit des Kreistages Hameln-Pyrmont wandte sich vor wenigen Wochen gleichfalls gegen den MOX-Transport. In den kommenden Tagen und Wochen gehen die Protestaktionen weiter. Direkt neben dem AKW Grohnde soll ein Protest-Camp entstehen, wo sich Atomkraftgegner auf Blockadeaktionen vorbereiten können. Außerdem sollen entlang der ganzen, fast 300 Kilometer langen Strecke zwischen Nordenham und Grohnde zahlreiche Straßenblockaden organisiert werden.
Unterdessen will die Staatsanwaltschaft Oldenburg gegen den Landrat des Kreises Wesermarsch, Michael Höbrink, ermitteln. Dem SPD-Politiker wird vorgeworfen, Interna über den ersten Transport weitergegeben zu haben. Höbrink bestreitet das.