Manchmal tut es not, Pflanzen zu schützen: vor Frost, vor Hitze, vor allzu gefräßigen Insekten oder fresslustigen Schnecken, manchmal auch vor Autoreifen und unlängst galt es, sich etwas auszudenken, das arglose Kinderfüße um die Baumscheibe am Straßenrand herumzulenken in der Lage sein würde.
Vom Einkaufen heimkommend beobachtete ich vier Kinder zwischen vier und sieben Jahren am Rand unserer wenig befahrenen Straße direkt an der Baumscheibe unter der Platane sitzend. Die Köpfe dicht zusammengesteckt waren sie offenbar in ein interessantes und augenscheinlich wichtiges Gespräch miteinander vertieft. Eine Freude, ihnen und ihrer gespannten Aufmerksamkeit zuzuschauen.
Aha, sie hatten offenbar Regeln für irgendein Spiel ausgeheckt und vereinbart: Urplötzlich springen drei der Kinder auf und stieben davon, zwei quer durch die bepflanzte Baumscheibe hinüber zur anderen Straßenseite. Das vierte verweilt mit geschlossenen Augen gelassen an der Bordsteinkante.
Ich kenne zwei der Kinder persönlich, die anderen vom Sehen und so ist es nicht schwierig für mich, ihr Augenmerk zu gewinnen.
„Na, das ist ja grade noch mal gut gegangen!“
Sie kommen neugierig zurück und ich zeige ihnen die kleinen blühenden Walderdbeeren, die beim Drüberlaufen Gott sei Dank nicht zertreten worden sind. „Frau Kropp, das sind doch keine Erdbeeren. Erdbeeren sind doch rot!“ Schon sitzen wir gemeinsam in der Hocke und untersuchen die Blüten, entdecken einige wenige Fruchtansätze.
„Und das werden dann die Erdbeeren?“ „Ja, könnt ihr ja beobachten, was in der nächsten Zeit draus wird und wenn sie rot sind, könnt ihr sie, wenn's die Mama und der Papa erlauben, auch ernten.“
„Ich ess’ aber gar keine Erdbeeren!“ „Ich auch nicht!“, wiederholt der kleine Bruder, der meinem „Schade, die schmecken nämlich toll!“ schnell ein „Aber die Mama mag Erdbeeren gern!“ hinterherschiebt.
Ich erfahre, dass auch der Papa, die Oma und der Opa gerne Erdbeeren äßen. „Ja, sucht Euch eben für jeden eine Erdbeerpflanze aus, an der ihr die Beerchen beobachten oder später vielleicht pflücken wollt.“
Ich bringe meine Einkaufstasche ins Haus und anschließend ein paar chinesische Essstäbchen zu der spielenden Kindergruppe hinaus. Ein Bleistift schreibt die Namen der Kinder auf die Stäbchen und für wen die Pflanzen bzw. ihre Früchte reserviert sind. Die Kids stecken die Stäbchen neben ihre auserwählten Pflänzchen, wobei wir die am Rand der Baumscheibe stehenden Pflanzen meiden „nicht, dass da womöglich ein Hund draufgepinkelt hat!“
„Na, waschen würd’ ich die Beerchen auf jeden Fall, wenn sie da an der Straße gewachsen sind!"
Während der nächsten zwei, drei Wochen werde ich immer mal wieder auf den Reifefortschritt der Walderdbeerchen angesprochen:
„Haben Sie schon gesehen Frau Kropp, ….?“
Die Erdbeerzeit ist längst vorüber, die der nachhaltigen Essstäbchen ebenfalls. Die Kinderfüße wählen bewusst ihren Weg und wurden nicht mehr auf der Baumscheibe gesichtet.