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Filmvorstellung:
Ibrahim Abouleish – Der Visionär
Ein Film von Bertram Verhaag
Dokumentarfilm 45 Minuten
Das Jahr 2003 wurde für den ägyptischen Unternehmer Ibrahim Abouleish zu einem Durchbruch. Denn kurz nacheinander erhielt er von zwei globalen Institutionen, die sich ansonsten meiden wie Feuer und Wasser, die höchsten Auszeichnungen.
Im Frühjahr war es, als die Schwab-Foundation, Ausrichter des jährlichen World Economic Forums im schweizerischen Davos und Motor der wirtschaftlichen Globalisierung, seine Unternehmensgruppe SEKEM als nachhaltiges Modellunternehmen weltweit herausstellte. Nur wenige Monate später erhielt Ibrahim Abouleish den Alternativen Nobelpreis der globalisierungskritischen Right Livelihood Foundation für seine “Economy of Love” – sein einzigartiges Modell einer zukunftsweisenden Wirtschaft, die auf beeindruckende Weise ökologische, soziale und kulturelle Entwicklung mit ökonomischem Erfolg verbindet. Wie konnte ein Projekt eine derartige Begeisterung bei solch unterschiedlichen Einrichtungen wecken?
SEKEM - ein Entwicklungsprojekt, das funktioniert
"Oase inmitten einer lebensfeindlichen Umgebung? Ich wollte eigentlich mehr:
Ich wollte, dass sich die ganze Welt entwickelt.”
Bescheiden war die Vision Abouleishs nicht. Die weltweite Bedeutung seines Ansatzes aber scheint gerade in letzter Zeit wieder bestätigt.
Denn während im Juli diesen Jahres die G-8-Industriestaaten in Gleneagles beschlossen, die Entwicklungshilfen zu erhöhen – dazu aufgefordert u.a. von der Union der afrikanischen Staaten und angefeuert durch internationale Mega-Pop-Konzerte – kam in einer kleinen Randnotiz der Medien eine andere Stimme zu Wort: “Die furchtbare Hilfe sofort komplett einstellen!”, forderte einer der führenden Wirtschaftswissenschaftler Afrikas, der Kenianer James Shikwati. Denn: sie lindere keinen Hunger sondern produziere Hungersnöte. Sie mache die Bevölkerung der Dritten Welt zu Abhängigen der Großunternehmen, zu Tagelöhnern und Bettlern, ruiniere die kleinen Landwirtschaften und Gewerbe.
Shikwati benennt das Drama der viele Jahrzehnte alten Praxis internationaler Entwicklungspolitik – einer Entwicklungspolitik, die wohl Wirtschaftswachstum bringt, aber zerstörte soziale Strukturen, zerstörte Kulturen und zerstörte Natur und Umwelt hinterläßt. Das Drama einer Entwicklungspolitik, die das Versprechen des allgemeinen Wohlstands nirgendwo eingelöst hat, die kein Rezept gegen die stetige Ausbreitung von Armut und Krankheit gefunden hat, und die doch kein anderes Konzept hat als das “Weiter so!” und “Mehr davon!”.
Ein solches mit Entwicklungshilfe-Mitteln gefördertes Großprojekt war in Ägypten zum Beispiel der Assuan-Staudamm im Nil gewesen – gebaut, um dem Land Elektrizität und Wohlstand zu bringen – mit immensen Folgeproblemen, die man nicht berücksichtigt hatte: Wasser, der für das Land knappste und kostbarste Rohstoff, verdunstet in gigantischen Mengen; die natürlichen Nilüberflutungen gibt es seither nicht mehr und mit ihnen fehlt die natürliche Düngung des Nilschlammes; die einst fruchtbarsten landwirtschaftlichen Anbaugebiete des Landes wurden abhängig von chemischer Düngung; die kleinen bäuerliche Existenzen am Ufer des Nil wurden vernichtet; die stehenden Gewässer in den Kanälen wurden zu Brutherden für gefährliche Bakterien und Krankheitserreger.
Vor diesem Hintergrund wird erkennbar, dass SEKEM eine Pionierleistung allerersten Ranges darstellt. Denn SEKEM geht einen anderen Weg als die weltweit üblichen entwicklungspolitischen Großprojekte, die für die Maximierung der wirtschaftlichen Entwicklung immense Folgekosten in Kauf nehmen. So gehören zur sichtbaren Bilanz von SEKEM nicht nur 2000 neue Arbeitsplätze, sondern auch die Zukunftssicherung von vielen Hunderten bäuerlichen Kleinbetrieben im Land. Dazu gehört die geduldige Fruchtbarmachung des ehemals kargen Wüstenbodens und die Wiederansiedelung von zahlreichen fast ausgestorbenen Vogelarten und Kleintieren. Vom Aussterben bedrohte Pflanzenarten werden vermehrt und in Samenbanken gepflegt. Das Besprühen riesiger Agrarflächen mit Pestiziden aus dem Flugzeug wurde durch SEKEMs Vorbild und Intervention in ganz Ägypten eingestellt; im Baumwollanbau wurde die Chemisierung der Landwirtschaft um 90% zurückgefahren. Die Forschung zu pflanzlichen Heilmitteln wurde neu eingeführt – nachdem ein Bewusstsein über die verheerenden gesundheitlichen Folgen durch unmäßigen chemischen Arzneimittelkonsum entstanden war. SEKEM erscheint sichtbar als eine Gemeinschaft, die die landesweit begehrtesten Fachkräfte ausbildet, die musiziert, malt und tanzt, die ein Umfeld wie eine paradiesische Oase schafft und die Produkte höchster Qualität auf den Markt bringt.
SEKEM ist ein Entwicklungsprojekt, das funktioniert – und alles das erreicht, was Entwicklung wohl immer versprochen hat, aber kaum jemals eingelöst hat: Wohlstand in einem umfassenden Sinn - für alle; Reichtum und Vielfalt ökologisch, kulturell, geistig und sozial.
Das komplexe Geflecht aus vielfältigen Aktivitäten und Projekten ist inzwischen in Europa und den USA mehrfach gerühmt worden. Das schöne Erscheinungsbild von SEKEM ist bekannt. Offen bleibt aber bisher die Frage, die sich alle Besucherinnen und Besucher des Projektes schließlich stellen: Wie kommt es, dass in SEKEM das funktioniert, was andernorts so oft scheitert? Was ist in SEKEM anders als in anderen Projekten?
Wie tut SEKEM das, was es tut?
Gleich am Anfang setzte Abouleish Bäume in dem Land, das kaum natürliche Bäume kennt – 150.000 wurden in den folgenden 25 Jahren gepflanzt – denn “die braucht der Mensch, um sich innerlich aufrichten zu können.” Die ganze Schönheit der SEKEM-Anlagen ist nicht Luxus oder Beiwerk sondern wohlbedacht. Abouleish und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter sehen enge Zusammenhänge zwischen der Innenwelt und der Außenwelt des Menschen und schenken dieser Wechselwirkung größte Beachtung.
Von Anfang an ist erkennbar, wie Abouleish an sein Entwicklungsvorhaben anders herangeht als andere: Tief beeindruckt von der biologisch-dynamischen Wirtschaftsweise der Anthroposophen stellt er sich nicht die Frage, wie man die Böden optimal ausbeuten kann; seine Überlegungen sind, wie man den Boden kontinuierlich und stetig anreichern kann. Es ist nicht nur Nehmen sondern im gleichen Maß ein Geben, eine eigenständige Zuwendung zum Boden, bei gleichzeitiger Nutzung seiner Erträge. “Die Wechselwirkung von Nehmen und Geben ist eine Gesetzmäßigkeit, die auf allen Ebenen wieder gelernt werden muss.”, erklärt Helmy Abouleish, der Sohn von Ibrahim, der heute wirtschaftlicher Leiter von SEKEM ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind nicht nur Arbeitnehmer, deren Arbeitskraft optimal genutzt werden soll. “Unser Anliegen ist es, die Herzen und den Geist und die Hände der Menschen, die bei uns lernen und arbeiten, gleichermaßen zu nähren.” Vom Kleinen ins Große wird diese Idee weitergetragen. So verstehen die nationalen und internationalen Wirtschaftspartner der SEKEM-Unternehmen sich nicht als Konkurrenten, die in einem Wettkampf um eigene Vorteile pokern, sondern mit SEKEM als ein Team, das die Wertschöpfungskette zum gemeinsamen Nutzen offen legt. In jüngster Zeit hat Helmy eine 200-Mitglieder starke Vereinigung junger ägyptischer Unternehmer mitbegründet, die sich selbst einen ethischen Kodex für verantwortliches Unternehmertun gegeben hat.
SEKEM ist geprägt von einer Unternehmenskultur, in der Zusammenhänge und Wechselwirkungen jeder Art bewusst erforscht, anerkannt und gepflegt werden: die Verbindung der physischen-materiellen Welt mit den seelischen, geistigen und spirituellen Ebenen ebenso wie das Geflecht zwischen den Menschen, der natürlichen Umwelt und dem sozialen Umfeld. Damit erschüttert SEKEM die Glaubenssätze der internationalen neoliberalistischen Wirtschaftsideologie im Kern. Denn weltweit gilt es als ein Gebot wirtschaftlicher Effizienz, alle diese Zusammenhänge dem Gewinnstreben unterzuordnen, wenn nicht sogar ganz auszuklammern. Umsatzsteigerung als vorrangiges Ziel, menschliche, kulturelle und soziale Entwicklung als Beiwerk oder Abfallprodukt. SEKEM beweist, dass es anders geht.
Kommunikation und Pflege der Gemeinschaft ist ein Merkmal der SEKEM-Kultur. In allen Räumen laden runde Tischanordnungen zu Gespräch und Austausch ein. Das Ritual der Mitarbeiter-Kreise, zu dem sich die ganze Gemeinschaft im Freien zusammenfindet, ist inzwischen zu einem Symbol geworden: Mit einer kurzen Besinnung mit einem Koranvers wird der Arbeitstag in den Betrieben begonnen und die Arbeitswoche für alle abgeschlossen. So wird die gegenseitige Wahrnehmung gestärkt, ein gemeinsames Ethos bekräftigt und eine Struktur von Sicherheit und Verbundenheit geschaffen.
Bildung – im Sinn einer ganzheitlichen und umfassenden Entwicklung der menschlichen Persönlichkeit – ist Kernelement des SEKEM-Projekts. Denn “zur Schaffung von Lebendigkeit, die nicht zerstörbar ist, braucht es die Hilfe des Geistigen.”, so Ibrahim Abouleish. Künstlerische Betätigung ist für alle selbstverständlicher Bestandteil des Alltags, nicht nur im Kindergarten und in den Schulen sondern auch in den Betrieben. Musizieren, Theater, Tanz, Eurythmie (die antroposophische Bewegungskunst), Malen, Töpfern - alles das wird mit Bedacht gepflegt zur Übung der Sinne und der Wahrnehmung, zur Entwicklung von Beweglichkeit, auch im Denken, und zur Stärkung von Lebensfreude und Selbstbewusstsein.
Alles auf SEKEM ist “lernende Organisation” und praxisbezogene Forschung, im Kleinen wie im Großen. Die Pädagoginnen und Pädagogen beschließen jeden Arbeitstag mit einer eineinhalbstündigen Fortbildung. Auf den Äckern und Feldern werden immer wieder neue “Pflanz-Familien” erprobt – Pflanzen, die sich gegenseitig fördern und die die Schädlingsinsekteninsekten auf natürliche Weise abhalten. Mit offensichtlicher Lust an dieser Forschungsarbeit beschreibt die deutsche Landwirtin, wie dabei die Mentalitäten des Orients (die unkomplizierte Spontaneität) und die des Okzidents (die ordnende Gründlichkeit) sich bestens und fruchtbar ergänzen. In einem Speisesaal zeugt ein von einem Mäuerchen umrandeter Schacht mit Ausgang ins Freie von Versuchen, eine natürliche “Klimaanlage” ohne Elektrizität zu schaffen. Unter wissenschaftlicher Leitung werden in den Labors pflanzliche Pharmazeutika entwickelt und in der Krankenstation natürliche Heilmittel erprobt. Mit Unterstützung von nationaler und internationaler wissenschaftlicher Begleitung werden kontinuierlich alle Aktivitäten und Unternehmungen SEKEMs evaluiert und Verbesserungsnotwendigkeiten und –möglichkeiten eruiert.
Die Spannungsfelder, in denen SEKEM steht und sich bewährt.
Um die außerordentliche Errungenschaft von SEKEM angemessen würdigen zu können, muss man die zahlreichen extremen Spannungsverhältnisse in den Blick nehmen, in denen sich dieses Unternehmen befindet. Abouleishs herausragende Begabung ist es, aufeinandertreffene Gegensätze nicht nur zu bewältigen, sondern sie immer wieder in sehr kluger Weise zu versöhnen und für seine Sache zu nutzen. Die Anthroposophie, die ihn tief beeindruckt und geprägt hat, verwendet er als “Methode”, um das, was für die ägyptischen Verhältnisse und im Rahmen des Islam praktikabel und sinnvoll ist anzuwenden. SEKEM ist in diesem Sinn ein weltweit herausragendes Modell für eine gelungene Begegnung von Orient und Okzident, für eine “Zusammenarbeit der Zivilisationen”. SEKEM ist praktizierter Islam, darauf legt der überzeugte Moslem Abouleish Wert – Islam in einer auf moderne Anforderungen angepassten Form. Was er tut und wie er es tut, kann – und muss – Abouleish immer mit dem Koran belegen und begründen. Eine besondere Brisanz liegt darin, dass die Auslegung des Koran in Ägypten allein dem religiösen Oberhaupt, dem Großscheich der Al Azhar Moschee in Kairo zusteht. Darf man biologisch anbauen? Darf man sich im Kreis aufstellen? Mit seinen neuen Methoden steht Abouleish immer unter Rechtfertigungsdruck gegenüber dem Islam.
Und natürlich wehrte und wehrt sich die sehr mächtige Chemieindustrie in Ägypten gegen den zunehmenden Einfluss des Vertreters natürlicher Landwirtschaft. Dramatische Interventionen durch Scheichs, Polizei und Militär hat Abouleish in den 28 Jahren des Aufbaus von SEKEM erlebt; mit außerordentlicher Klugheit und Überzeugungskraft konnte er aus dem Zusammenprall letztlich immer eine konstruktive Zusammenarbeit entwickeln. So spielt SEKEM in der nationalen Politik Ägyptens längst eine wichtige Rolle – zum Beispiel durch einen offiziellen Beratungsstatus im Landwirtschaftsministerium. Seit Dr. Abouleish auch die hohen internationalen Auszeichnungen erhalten hat, bringen er und sein Sohn, unterstützt von internationalen Wissenschaftlern, die Erfahrungen und Erkenntnisse von SEKEM auch auf höchster Ebene in internationale politische Beratungen ein – auf dem Weltwirtschaftsforum der Globalisierungsbetreiber in Davos ebenso wie in den Foren der globalisierungskritischen Alternativen Nobelpreisträger.
“SEKEM” - ein altägyptischer Hieroglyph mit der Bedeutung “die Lebenskraft der Sonne, mit der sie die Welt erweckt und begabt”. Das Logo von SEKEM ist das Sonnenrad.
BÜCHERHINWEISE:
DIE SEKEM-VISION
Eine Begnung von Orient und Okzident verändert Ägypten
Autor: Ibrahim Abouleish
ISBN: 3-932386-77-9
Verlag Johannes M. Mayer & Co. GmbH, Stuttgart • Berlin
SEKEM - IM PULS DER ZUKUNFT
Wie eine Vision Ägypten verändert
Autor: Daniel Baumgartner & Michael Bader
ISBN: 978-3-85636-177-8
PFORTE Verlag, Dornach
Filntrailer
Filmpreis € 16,90 für Privatpersonen
Bestellformular
Quelle: http://www.denkmal-film.com/abstracts/Sekem.html
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