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erstellt am 06.01.2011
Zwischenruf, Bonn, 5. Janur 2011
Das EEG ist das kostengünstigste und erfolgreichste Instrument zur Einführung Erneuerbarer Energien. Das wissen alle. Trotzdem ist es scharfen Angriffen von Seiten der schwarz-gelben Koalition ausgesetzt, die von einer intensiven Medienkampagne über die Kosten begleitet werden.
Kein Tag vergeht ohne eine aufgeregte Debatte über eine angeblich explodierende EEG-Umlage. So forderte Holger Krawinkel vom Bundesverband der Verbraucherzentralen gar eine Generalüberprüfung des Fördersystems, weil die Kosten aus dem Ruder liefen. Hinzu kommt eine Diskussion über negative Strompreise: Sie werden allerdings von der Bundesregierung gefördert, indem sie die Existenz eines unflexiblen Atomstromsockels über die nächsten Jahrzehnte garantiert und obendrein die vorrangige Nutzung von Pumpspeichern für die fossil-atomare Grundlaststromerzeugung. Zudem soll angeblich die Netzstabilität durch den massiven Ausbau der Photovoltaik gefährdet sein.
Auf diese mehrschichtige Debatte folgen nun umfassende "Lösungsvorschläge": Weitere außerplanmäßige drastische Kürzungen der Vergütung für Solarstrom, Kürzungen beim Biogas, die Forderung nach Deckelungen, eine Verkürzung des Vergütungszeitraumes von 20 Jahren. Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass versucht wird, die Grundfesten des Erneuerbare-Energien-Gesetzes auszuhebeln.
Stimmen, die sich mit diesen Thesen kritisch befassten, gingen fast völlig unter. Der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth, hat die Formel "Höhere Ökostrom-Umlage gleich höherer Strompreis" bestritten. Nach Meinung Kurths verfügen die Stromkonzerne durch den Ausbau Erneuerbarer Energien sogar über Spielräume für Kostensenkungen. Im Gegenteil wirke sich Strom aus Erneuerbaren Energien dämpfend auf die Großhandelspreise aus, da diese teure Kraftwerke aus dem Markt verdrängten. So schrieb er an seinen Beirat, dass es "sachlich nicht gerechtfertigt" sei, die Steigerung der Ökostrom-Umlage von 1,5 Cent pro Kilowattstunde auf die Verbraucher umzulegen. Dieser Effekt ist schon seit Jahren bekannt und durch zahlreiche Studien belegt, wird jedoch von denjenigen Akteuren, die das EEG attackieren, bewusst unterschlagen, weil er nicht in das Trugbild vorgeblich teurer Erneuerbarer Energien passt.
Erstaunlicherweise gilt das Kostenargument nicht bei Strom aus Offshore-Windanlagen, die neben der deutlich höheren Vergütung als an Land zusätzlich von Bürgschaften profitieren sollen. Hieran zeigt sich deutlich die Strategie der aktuellen Bundesregierung. Dezentrale Erzeugung aus Sonne, Wind und Biogas ist nicht konform mit den Interessen der großen Stromkonzerne. Den Akteuren des dezentralen Ausbaus Erneuerbarer Energien, Bürgern, mittelständischen Betrieben oder Stadtwerken, soll das Heft aus der Hand genommen werden, im Gegenzug wird der Fortbestand der fossil-atomaren Erzeugungsstrukturen gesichert und die regenerative Stromerzeugung in diese zentralistischen Strukturen eingepasst.
Die aus dem EEG resultierende Ausbaudynamik der Erneuerbaren Energien wird willkürlich beschnitten, damit eben nicht in den nächsten Jahren der archimedische Punkt eines regenerativen Energiesystems überschritten wird, ab dem die Erneuerbaren Energien in das Zentrum unserer Stromversorgung rücken. Diese Rolle soll auch weiterhin der fossil-atomaren Großerzeugung vorbehalten sein.
Doch während auf Bundesebene "nur" ein drastisch beschnittenes EEG geplant ist, will EU-Kommissar Günther Oettinger noch erheblich weiter gehen. Schon für die erste Jahreshälfte 2011 plant er die Veröffentlichung eines Vorschlags zur Harmonisierung der Fördersysteme für die regenerative Stromerzeugung, nachdem gerade erst die Europäische Richtlinie zu den Erneuerbaren Energien in nationales Recht umgesetzt worden ist. Geplant ist die Einführung eines Systems, bei dem Einspeisevergütungen durch einen EU-weiten Handel mit grünen Zertifikaten ersetzt werden. Dass ein Fördersystem ausgewählt wurde, das in Großbritannien seit Jahren ineffektiv ist, spricht Bände. Das britische System hat auf ganzer Linie gegenüber dem Erneuerbare-Energien-Gesetz versagt, sowohl was die Kosten, das Ausbautempo und insbesondere den Aufbau einer heimischen Erneuerbare-Energien-Industrie betrifft. Da ist es absurd, dass das Energiewirtschaftliche Institut der Universität Köln (EWI) behauptet, Steuerzahler und Verbraucher könnten bis 2020 mehr als 100 Mrd. € sparen, wenn die EU auf ein einheitliches technologieneutrales Quotenmodell umstiege.
Das gleiche Institut hatte sich auch für die längeren Laufzeiten der Kernkraftwerke ausgesprochen und war in diesem Zusammenhang wegen seiner substanziellen Finanzierung durch RWE und E.ON in die Kritik geraten. So wie die Stromkonzerne von der Laufzeitverlängerung profitieren, würde auch die Einführung eines harmonisierten Fördersystems für regenerativen Strom mit Zertifikatehandel und Quoten allein den Interessen der großen Stromkonzerne und -händler dienen. Praktischerweise funktioniert dieses Fördersystem auch erst dann, wenn tausende Kilometer neuer Stromleitungen verlegt sind, so dass die Energiewende weit in die Zukunft rücken würde.
Letztlich geht es hier um die Kontrolle über das Energiesystem der Zukunft. Das EEG ist ein emanzipatorisches Gesetz. Es hat vor zehn Jahren den Grundstein für das größte Umbauprojekt in der Geschichte der deutschen Energieversorgung gelegt: Weg von einer zentralisierten Energieerzeugung in den Händen einiger weniger Großkonzerne hin zu einer Vielzahl von Akteuren, die alle regenerativen Strom bereitstellen. Bei der Demokratisierung der Energieversorgung darf es zu keinem Rollback kommen. Die Herausforderung für die Energieversorgung der Zukunft liegt nicht an weiträumig verteilten "effektivsten" Standorten in der Wüste oder auf dem Meer. Sie liegt in der Behauptung des Rechtes, vom Energiekonsumenten zum Energieproduzenten zu werden. Kosten, Netzausbau und negative Preise sind nur vorgeschobene Argumente, um den Umbau unseres Energiesystems, der längst im Gang ist, doch noch zu stoppen. Dies ist der Hintergrund der aktuellen Kampagne.
Valentin Hollain
Quelle: http://www.eurosolar.de/de/index.php?opt...1432&Itemid=285
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